: Wortgewalt –betr.: „Brokdorf strahlt, Minister kuscht“ und „Zu weit vorgewagt“, taz-Hamburg vom 27.6.1998
Liebe Heike,
da muß mir wohl etwas entgangen sein. Wortgewaltig, so willst Du wissen, hätte der Kieler Energieminister Claus Möller versprochen, er werde dem AKW Brokdorf die Wiederanfahrt verweigern. Und damit, so folgerst Du am Tag des Brokdorf-Comebacks, habe der Minister „Hoffnungen auf das Unmögliche geweckt“, um schließlich auf die Nase zu fallen. Dein Fazit: Worthülsen kommen, die Glaubwürdigkeit geht. Von der von Dir bemerkten Wortgewaltigkeit und dem Versprechen, Brokdorf langfristig vom Netz zu lassen, habe ich nichts vernommen.
Der zentrale, Dir scheinbar entgangene Punkt der Auseinandersetzung um das Comeback des Meilers war, daß die Brokdorf-Betreiberin PreussenElektra in Verbindung mit ihrem vorgelegten Entsorgungskonzept Atomtransporte aus Brokdorf bereits im Juli ankündigte, das Bundesministerium aber Transporte bis Ende des laufenden Jahres ausschloß, ohne dabei konsequent einen Transportstopp zu verhängen. Die Diskussion um die vorläufig nicht erteilte Wiederanfuhr-Zustimmung konnte nur eines bewirken: PreussenElektra zu zwingen, ihre frivolen Transportpläne einzumotten und vom Bonner Bundesumweltministerium (BMU) klare Aussagen zu bekommen, wie ernst es die von ihm verkündete Aussetzung der strahlenden Frachten nimmt. Beides ist geschehen.
Die Juli-Transporte sind vom Tisch, und das BMU hat zumindest angekündigt, daß es ein rechtlich bindendes Transportverbot verhängen würde, wenn PreussenElektra an seiner Transport-Ankündigung festhält. Daran wird das BMU in Zukunft auch in anderen Fällen zu messen sein. So hat die zeitweilig versagte Zustimmung ihre Schuldigkeit getan.
Mehr war, wie Du richtig resümierst, aufgrund der bestehenden Gesetzeslage nicht drin. Doch das hatte im Kieler Energieministerium auch niemand behauptet.
Marco Carini, Sprecher des schleswig-holsteinischen Energieministeriums
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