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Sabotageritt

■ Zur Tour de France: Norbert Klugmanns kleiner Velo-Krimi „Tour der Leiden“

Die Geschichte des Komplotts im Radsport ist eine lange: Angesägte Rahmen und blockierende Bremsen markieren die naheliegende Variante – mit Glasscherben gespickte Brötchen, die dem Rennfahrer Zilioli beim Giro D'Italia in Zunge und Lippen schnitten, die bizarre. Gegen den Sabotageritt allerdings, den Norbert Klugmann für seinen Velo-Krimi Tour der Leiden ausgeheckt hat, kommen einem derlei Lappalien fast so vor, als wolle jemand den Anstieg zum Pyrenäengipfel Tourmalet mit einem Hügelchen in der norddeutschen Tiefebene vergleichen.

Von eben dort startet die Amateurradlertruppe „Indurains“ Richtung Frankreich, mit peinlichem Brimborium von publicitygeilen Kleinstadthonoratioren verabschiedet, die von „Völkerverständigung“ faseln. Einmal Jan Ullrich zum Anfassen! Doch noch bevor es richtig losgegangen ist, kommt das Team zufällig einem kriminellen Komplott gegen das Team „Telekom“ auf die Spur und nimmt selbst die Ermittlungen in die Hand – bis zum bitteren und absurden Ende.

Zwischen Sex'n'Crime-Kolportage und Sport-Reportage, ironisiertem Lokalkolorit und wohlfeiler Deutschlandkritik soll die kleine Armada der noch Strauchelnden und schon Gescheiterten zwar nicht ganz auf der Strecke bleiben. Doch überzeichnet Klugmann seine Charaktere meist ins Klischee. Da ist die magersüchtige Nicoletta, die sich nach ihrer Scheidung „freiwillig auf Rennen reduziert hatte“ und aufkeimende Gelüste im Werberegen der Tour-Karawane sublimiert. Der Zyniker und Sex-Maniac Tilo, der über seine Erfolge beim anderen Geschlecht eifrig Buch führt. Der traurige Gruppenpapa Willi, der die Tour als Metapher für ein nicht gelebtes Leben überhöht und zusehen muß, wie das fragile Gruppengebilde im Strudel der Ereignisse zerbricht – forciert von einem hübschen Maulwurf, der leichtes Spiel hat bei Männern, die vorzugsweise mit dem Schwanz denken.

So unwahrscheinlich das Geschehen sein mag: Die Realität ist der Fiktion auf der laufenden Tour schon wieder voraus, nach dem melodramatischen Ausschluß des Festina-Teams, dessen Sportchef „organisiertes“ Doping zugab. Also doch kein Komplott der „Telekoms“, die dem stärksten Konkurrenten die gewissen Ampullen ins Fahrzeug geschmuggelt haben? Für die spanische Zeitung El Pais gleicht der vermeintliche Skandal „einem schlechten Kriminalroman“. Der Kollege hat doch wohl nicht die Tour der Leiden gemeint?–

Jörg Feyer

Norbert Klugmann: „Tour der Leiden“, 202 Seiten, Rowohlt, 9,90 Mark

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