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Obuchi wird LDP-Chef

■ Japans bisheriger Außenminister Obuchi hat große Chancen, Regierungschef zu werden

Tokio (taz) – Im Rennen um die Nachfolge des zurückgetretenen Premiers Ryutaro Hashimoto ist der 61jährige Außenminister Keizo Obuchi gestern neuer Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei (LDP) geworden. Obuchi erhielt bereits im ersten Wahlgang 225 von 411 Stimmen. Die beiden Gegenkandidaten Seiroku Kajiyama (72) und Gesundheitsminister Junichiro Koizumi (56) blieben chancenlos. Sie waren von den Finanzmärkten und der Bevölkerung dem farblosen Außenminister vorgezogen worden, der über kaum wirtschaftlichen Kenntnisse verfügt. Unmittelbar nach der Wahl gab der Kurs des Yen am Devisenmarkt gegenüber dem US-Dollar um fast einen Yen nach. Der Aktienmark war bereits geschlossen.

Mit Obuchi wird ein stiller Machtpolitiker LDP-Chef, der mit größter Wahrscheinlichkeit am 30. Juli auch als neuer Premier Japans vom Unterhaus bestätigt werden wird. Da die LDP im mächtigen Unterhaus mit 262 von 500 Sitzen eine komfortable Mehrheit hat, könnte nur eine parteiinterne Rebellion die Wahl verhindern. Rund 20 junge LDP-Abgeordnete aus städtischen Wahlkreisen wollen allerdings über einen Parteiaustritt nachdenken, weil sie Obuchi zuwenig Durchsetzungskraft und Sachkenntnis für die notwendigen Wirtschaftsreformen zutrauen.

In der alten LDP-Garde gilt Obuchi als „netter Junge“, der im Hintergrund still die Fäden zieht und Bündnisse schmiedet. Diese Eigenschaft unterscheidet ihn von Hashimoto und den beiden Gegenkandidaten Kajiyama und Koizumi, die in der Öffentlichkeit offensiver auftreten. Obuchi wird gutgeschrieben, daß er als Außenminster mit seiner zurückhaltenden Art maßgeblich zur Verbesserung der Beziehungen zu Rußland und China beigetragen hat.

Seine politische Karriere begann er 26jährig in der bergigen Provinz Gumma, wo er das Unterhausmandat seines Vater erbte. 1993 machte ihn der mächtige Ex- premier Noboru Takeshita, der als graue Eminenz die Fäden zieht, zum Fraktionschef der größten parteinternen Grupe, auf die sich Obuchis parteiinterne Macht und seine gestiger Wahl gründet.

Um Japan aus der Wirtschaftskrise zu führen, kündigte Obuchi ein Konjunkturprogramm an. Per Einkommensteuersenkung will er die Kaufkraft um 77 Milliarden Mark jährlich steigern. Ansonsten will er die von Hashimoto begonnene Sanierung des Finanzsektors fortsetzen. André Kunz

Kommentar Seite 9

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