: Starke Kritik, fein zurechtgebogen
■ Jost Stollmann, möglicher SPD-Wirtschaftsminister, ereifert sich abermals über die Gewerkschaften. Die empören sich. Doch Stollmann genießt den vollen Schutz der SPD
Bonn (taz) – SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering hat den Wirtschaftsministerkandidaten der SPD, Jost Stollmann, gegen die Kritik der Gewerkschaften verteidigt. Im Deutschlandfunk sagte Müntefering, die Entscheidung für Stollmann sei ein „richtiger Zug“ gewesen.
Den Zorn der Gewerkschaften hatte Stollmann mit seien Forderungen nach Subventionsabbau und einer Reform des Sozialsystems auf sich gezogen. Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, wollte Stollmann daraufhin „die Grundlagen gewerkschaftlicher und sozialdemokratischer Sozialpolitik näherbringen“. Müntefering sagte, der parteilose Unternehmer verkünde zwar nicht das SPD-Wahlprogramm. Doch sei die Partei frei genug für andere Ansichten. „Es ist wichtig, daß es in der SPD auch solche Reibungsflächen gibt.“ Stollmann sei nötig, damit sich die SPD zur Mitte hin öffnen könne. Die Gewerkschhaften beziehen Stollmanns Aussagen zum Subventionsabbau auf den Steinkohlebergbau, auf den nicht verzichtet werden könne. Auch hier beschwichtigte Müntefering: „Stollmann stellt die Steinkohle-Vereinbarung nicht in Frage.“ Die von Stollmann geforderte Reform des Rentensystems nannten die Gewerkschaften „falsch und nicht machbar“. Franz Müntefering betonte, die klassische Alterssicherung stehe im Wahlprogramm der SPD. „Daran wird Stollmann nichts ändern.“ Aus Berlin meldete sich Gerhard Schröder zu diesem Streit: Er brauche Leute wie Stollmann, um die Erstarrung in der Politik aufzubrechen.
Bundeskanzler Helmut Kohl warf der SPD-Führung am Freitag „Heuchelei und Schamlosigkeit“ vor. Er kritisierte, Schröder erwecke über seinen „Wirtschafts- sprecher Stollmann“ den Eindruck, er wolle den Kohlekompromiß vom März 1997 aufkündigen. Damit gefährde der SPD-Kandidat den Bestand des deutschen Bergbaus. „Schröder soll dieses üble und unehrliche Spiel schleunigst beenden und klar sagen, für welche Politik er steht.“ Cornelia Fuchs
Kommentar Seite 9
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen