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Die Sprache der Roma

■ Zuerst eine einheitliche Sprache, spaltete sich das Romani in verschiedene Dialekte. Probleme mit einer anderen Art der Rechtschreibreform

Die Sprache der Roma, das Romani, ist verwandt mit Punjabi und Hindi und ist über Indien nach Europa gekommen. Unterwegs wurden Wörter aus anderen Sprachen absorbiert, beispielsweise das persische Wort baht, Glück, und das griechische Wort drom für eine befestigte Straße. Zum Zeitpunkt der Einwanderung nach Europa war Romani vermutlich noch eine einheitliche Sprache. Sie hat sich seither in mehrere Dialekte gespalten – hauptsächlich als Folge des Einflusses der Sprachen der Länder, in denen die Roma lebten. Linguisten schätzen, daß das von etwa 80 Prozent der Roma gesprochene Romani über 13 bis 30 verschiedene Varianten verfügt.

Romani ist, anders als das Englische, eine flektierende Sprache, das heißt je nach Fall und Zeit wird die Endung des Wortes verändert (wie im Lateinischen und im Deutschen). „Me dikhava e chaves“ heißt beispielsweise: Ich sehe den Jungen; „O chavo dikhela man“: Der Junge sieht mich.

Auf dem Vierten Weltkongreß der Roma, der 1990 in Warschau stattfand, wurde beschlossen, alle Romanidialekte durch eine gemeinsame Orthographie zu vereinheitlichen. Bisher schrieben die Roma der verschiedenen Länder mit unterschiedlicher Rechtschreibung, jeweils beeinflußt vom Alphabet der Mehrheitssprache. Obwohl der Kongreß mit nur wenigen Enthaltungen das vorgeschlagene neue System der Rechtschreibung annahm, wird es bis heute nur wenig praktiziert.

In den zwanziger Jahren begann mit der Publikation zweisprachiger Bücher und Zeitschriften in Osteuropa die erste wesentliche Phase einer auch schriftlichen Entwicklung der ansonsten fast ausschließlich in mündlicher Überlieferung existierenden Literatur. Nach der Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg und dem Genozid an den Roma setzte sich diese Entwicklung fort.

Neben Zeitschriften wurden auch Romane und Autobiographien publiziert sowie Sammlungen von Märchen und Gedichten. Theaterstücke wurden sowohl im Original als auch in Übersetzung aufgeführt und mehrere Übersetzungen des Neuen Testaments in Romani in Umlauf gebracht. Das Pralipe-Theater in Mülheim hat die Shakespearestücke „Othello“ und „Romeo und Julia“ in Romani aufgeführt. Donald Kenrick

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