: Ohne Fluchthelfer gibt's kein Asyl
■ betr.: „Bis zur Grenze feindselig“, taz vom 29.7.98, „Kosovo-Alba ner in Sachsen in den Tod gerast“, taz vom 31.7.98, „18jähriger fuhr Flüchtlinge in den Tod“, taz vom 1./2. 8. 98
[...] Es sollte sich doch mittlerweile auch bei der taz herumgesprochen haben, daß durch die Verschärfung des Asylrechts Flüchtlinge, auch solche aus aktuellen Kriegsgebieten, auf dem Landweg nur noch illegal nach Deutschland einreisen können. Folglich benötigen die in der Regel mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertrauten Flüchtlinge oder MigrantInnen meist Fluchthilfe, wie diese Tätigkeit genannt wurde, wenn vor 1989 Menschen über die Grenze von Ost nach West geschleust wurden. Fluchthilfe kostet Geld für den Aufwand und das hohe Risiko, im Knast zu landen. Es ist unbestritten, daß auch hier genügend skrupellose Menschen ihren Erwerbszweig gefunden haben, denen Leib und Leben der Flüchtenden zweitrangig sind – nur ist das eine Einstellung, die in anderen Wirtschaftszweigen selbstverständlich ist: ob der Arbeitgeber, der elementarsten Arbeitsschutz einspart (was sich besonders bei illegalisierten ArbeiterInnen anbietet), oder der Ingenieur einer Waffenschmiede oder derjenige im Auswärtigen Amt, der Militärexporte einfädelt, oder der Chemieproduzent, der hier verbotene Pestizide ins Ausland liefert, der Banker, der wissentlich mit seinen Spekulationen Menschen in ärmsten Ländern hungern läßt, etc.
Fast 90 Personen hat die Jagd auf Menschen an der deutschen Ostgrenze in den letzten Jahren das Leben gekostet. Und die taz gibt kommentarlos stimmungsmachende absurde Details wieder, etwa, daß das Fahrzeug keine Gurte gehabt hätte; oder: „Schleuser wie M. verdienten ... in der Regel 400 Mark, hieß es.“ Wer sagt das, der BGS?
Die taz hatte auch andere Quellen, sie wußte mehr. JournalistInnen der Initiative „kein mensch ist illegal“ und RechtsanwältInnen recherchierten vor Ort, sprachen mit vier der verletzten Kosovo-Albaner. Diese versuchten noch am Donnerstag mit Rechtsbeistand Asylanträge zu stellen, was erst einmal in einträglicher Zusammenarbeit zwischen BGS, Landratsamt und Chefarzt verhindert wurde. Am Donnerstag fand vor Ort in Freiberg/Sachsen eine spontane Demonstration statt gegen diese Grenzpolitik, die solche Unfälle und Tote billigend in Kauf nimmt. Pressemitteilungen über all dieses scheinen von der taz ignoriert zu werden. [...] Haben in der taz parteipolitisch unabhängige Initiativen, abgesehen von alles integrierenden ökologischen Vereinen wie Greenpeace, überhaupt noch Platz? Nicht nur der Artikel über das Sommercamp „kein mensch ist illegal“ läßt da Zweifel aufkommen. [...] Uta Adler, München
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