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Daimler nimmt angedrohte Klage ernst

■ Unterschiedliche Reaktionen deutscher Firmen auf geplante Klage von Zwangsarbeitern auf Entschädigung. US-Anwalt sucht Gericht

Berlin (taz) – Als einziges betroffenes deutsches Unternehmen hat bis jetzt Daimler-Benz auf eine geplante neue Klagewelle von Zwangsarbeitern reagiert, die kürzlich vom US-amerikanischen Anwalt Melvin Weiss angedroht wurde. „Wir nehmen die Ankündigung sehr ernst“, erklärte Jürgen Wittmann, Sprecher der Daimler- Benz AG gegenüber der taz. Das Unternehmen sei über Weiss' Pläne informiert. Allerdings müsse erst abgewartet werden, ob dieser seinen Plan umsetze. Daimler- Benz hat bislang eine einmalige Zahlung von 20 Millionen Mark zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter geleistet.

Wie berichtet (taz vom 4.8.) plant Weiss in den USA zunächst eine Sammelklage ehemaliger Zwangsarbeiter gegen VW. Klagen gegen weitere deutsche Unternehmen – darunter Krupp und Daimler-Benz – sollen folgen. „Zum Thema Zwangsarbeiter sagen wir nur soviel: Krupp hat schon in den sechziger Jahren eine zweistellige Millionenhöhe zur Entschädigung gezahlt“, sagte hingegen ein Sprecher der Krupp AG. Auch Klaus Kocks, Vorstandssprecher der Volkswagen AG, war trotz mehrfacher Anfrage nicht zu einer Stellungnahme zu bewegen.

Die amerikanische Kanzlei von Weiss ist bereits an den Sammelklagen jüdischer Organisationen gegen Schweizer Banken beteiligt. Um gegen deutsche Unternehmen vorgehen zu können, braucht Weiss erst ein US-Gericht, bei dem er seine Klage einreichen kann. Das Gericht muß sich selbst für zuständig erklären, über die Ansprüche der Zwangsarbeiter zu urteilen.

Bei seiner Suche nach einem Gerichtsort macht Weiss nach eigenen Angaben Fortschritte: Möglicherweise werde er in dieser Woche seine Klage beim Bundesgericht von Newark im Staat New Jersey einreichen. Vor ebendiesem Gericht wird bereits über Weiss' Klage gegen den US-Automobilhersteller Ford verhandelt. Ford hatte während der NS-Diktatur in seinen Kölner Werken Zwangsarbeiter eingesetzt.

Schwer abzuschätzen ist, welche Folgen eine Klage vor einem US- Gericht für die deutschen Firmen hätte. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA gibt es kein internationales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsurteilen. Allerdings verfügen Konzerne wie Volkswagen und Daimler-Benz über genügend Unternehmenswerte in den USA, die zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter herangezogen werden könnten. Überdies, so der Sprecher von Daimler-Benz, seien die Imageschäden für sein Unternehmen bei einer erfolgreichen Klage von Weiss nicht kalkulierbar.

Weiss rechnet fest damit, daß große jüdische Organisationen wie die „Claims Conference“ seine Klage unterstützen werden. George Berman, Sprecher der „Claims Conference“ in New York, erklärte, seine Organisation unterstütze generell die Klagen ehemaliger Zwangsarbeiter auf Entschädigung. Daher sei es wahrscheinlich, daß Weiss' Klage unterstützt werde. Die „Claims Conference“ ist ein Dachverband 23 jüdischer Organisationen in der Welt. Sie verhandelt mit deutschen Unternehmen und mit der Bundesregierung über Entschädigungen für jüdische Opfer. „Die Chancen, Entschädigungszahlungen durchzusetzen, sind inzwischen wesentlich besser als vor zwanzig Jahren. Seit der deutschen Wiedervereinigung haben sich die Gewichte verlagert“, so Berman. Seiner Ansicht nach hat Weiss mit seiner Klage daher gute Chancen, die deutschen Unternehmen zu weiteren Zugeständnissen an ehemalige Zwangsarbeiter zu bewegen. Volker Probst

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