: Ein Quickie gegen die Arbeitslosigkeit
Arbeitsbeschaffungen im Osten werden vor der Wahl immer kürzer: Laufzeiten von sechs und sogar drei Monaten sind keine Ausnahme mehr. Damit verfehlen die ABM ihren eigentlichen Zweck, meint der DGB ■ Aus Berlin Christian Füller
In den östlichen Bundesländern gibt es eine neue Variante der wunderlichen Vermehrung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM). Die Arbeitsämter genehmigen neuerdings auch ABM mit einer Laufzeit von nur drei bis sechs Monaten. Laut Arbeitsfördergesetz haben die Maßnahmen eine Laufzeit von einem oder zwei Jahren. Nach Recherchen der taz haben die Quickie-ABM dazu geführt, daß in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen zwei Monate vor der Bundestagswahl die Zahl der ABM über die des Vorjahres angewachsen ist.
Das Anwachsen über das Vorjahresniveau straft den CDU- Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble Lügen. Schäuble hatte erst vergangene Woche darauf hingewiesen, daß die ABM in Ostdeutschland noch immer unter den Vorjahreswerten lägen. Von einer Wahlkampfaktion könne also nicht die Rede sein, sagte Schäuble. Nach Angaben des Landesarbeitsamtes gibt es aber in Thüringen mit 33.172 Gefördeten im Wahlsommer über 6.000 mehr Menschen in ABM als im Vorjahr. In Mecklenburg-Vorpommern liegt die Zahl der Maßnahmen im Juli bei 29.700 – auch das sind 6.000 mehr Plätze als 1997. Die so gelifteten Arbeitslosenstatistiken suggerieren einen Aufschwung.
Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden durch Aufteilung einer Stelle erreicht. Statt Ein-Jahres-ABM vergeben die Arbeitsämter zwei halbjährliche oder drei viermonatige. Diese Praxis ist in allen neuen Bundesländern üblich. Es handle sich nur um „saisonal bedingte“ Einzelfälle, erläuterte die Sprecherin des Landesarbeitsamtes Nord, Antje Höning. Stichproben haben ein anderes Bild ergeben: Im Bereich des Arbeitsamtes Dresden etwa haben 22 von 93 der Mitte Juli vergebenen ABM-Projekte eine Dauer von fünf oder sechs Monaten. In Mecklenburg- Vorpommern gebe es gar Dreimonats-ABM, bestätigte das dortige Sozialministerium.
AB-Maßnahmen dieser Kürze verfehlten ihren sozialen und arbeitsmarktpolitischen Zweck, kritisierte der zuständige Referent des DGB, Burkhard von Seggern. Die Geförderten, Langzeitarbeitslose und sogenannte Problemgruppen, seien wegen der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Regelungen gezwungen, auch Kurz- ABM anzunehmen – „sonst haben sie keinen Ansprüche mehr auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit“. Akzeptieren die Arbeitslosen Kurz-ABM sitzen sie ebenfalls in der Zwickmühle. Denn für den Aufbau neuer Ansprüche auf Arbeitslosengeld müßten sie Laufzeiten von mindestens einem Jahr nachweisen.
Als „Verschwendung öfentlicher Mittel“ kritisierte der Staatssekretär im sachsen-anhaltinischen Sozialministerium, Dieter Schimanke (SPD), die Quickie-ABM. Sinnvolle Arbeitsbeschaffungen benötigten eine Laufzeit von „zwei Jahren, am besten drei“, sagte er. Mecklenburg-Vorpommerns stellvertretender Ministerpräsident, Sozialminister Hinrich Kuessner (SPD), sprach gegenüber der taz von „arbeitsmarktpolitischen Achterbahnfahrten“. Der Stand der ABM habe in seinem Land zu Beginn des Wahljahres noch bei 15.000 gelegen. Mittlerweile sind fast 30.000 Menschen in AB-Projekten beschäftigt. Etliche von ihnen werden diesen Job nur bis kurz nach der Wahl haben – dann läuft die Förderung wieder aus.
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