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Maroder Zustand

■ Renovierungsbedarf! Wo kriegt man 2,5 Millionen her? Es gibt neue Probleme bei den Hamburger Kammerspielen

Die Hamburger Kammerspiele, so scheint es, kommen nicht zur Ruhe. Gerade wollte sich ihr Geschäftsführer, der Ex-HSV-Präsident Jürgen Hunke, entspannter im Schreibtischsessel zurücklehnen, da überraschten ihn die Ergebnisse eines Gutachtens, den baulichen und technischen Zustand des Gebäudes in der Hartungstraße betreffend: Alles ist marode, gut 2,5 Millionen Mark müssen für notwendige Renovierungsmaßnahmen aufgebracht werden.

Die Nachricht, die dem Haus teuer zu stehen kommen kann, platzt in eine Phase, in der die Zukunft des 1945 von Ida Ehre gegründeten Hauses gesichert schien. Mit Ulrich Waller und Ulrich Tukur konnte Hunke ein künstlerisches Leitungsteam gewinnen, das für das Theater Perspektiven eröffnet. Den Konkurs konnte Hunke abwenden. Die Altschulden des seit Jahren knapp an der Schließung vorbeischrammenden Theaters hat Hunke bezahlt. 2,6 Millionen Mark hat ihn das gekostet. Und jetzt sieht er neue Finanzprobleme auf sich zukommen. Auf Anfrage der taz konnte Hunke nicht einmal bestätigen, daß zumindest die kommende Spielzeit gesichert sei: „Keine Ahnung. Ich weiß das nicht.“

Hunke zufolge ist die Stadt gefordert. Hunke: „In einem Brief habe ich die Stadt gebeten, das Haus in Ordnung zu bringen.“ Nur weiß natürlich auch Hunke, daß die Stadt – in diesem Fall die Kulturbehörde – dafür angesichts leerer Finanzsäckel kaum Mittel hat. Was Ingo Mix, Sprecher der Kulturbehörde, nur bestätigen kann: „In unserem Sparhaushalt gibt es für eine Sanierung der Kammerspiele keine Mittel.“

Es könnte sich aber eine andere Lösung abzeichnen, die die Kulturbehörde gemeinsam mit Hunke im Visier hat: Das Gebäude der Kammerspiele wird Hunke für 99 Jahre auf Erbpachtbasis überschrieben. Dann könnte Hunke es beleihen und so die für die Renovierung benötigten Geldmittel aufbringen. In den nächsten Tagen werden Verhandlungen zwischen Hunke, der Kultur- und Finanzbehörde sowie der stadteigenen Sprinkenhof AG, die das Gebäude im Auftrag der Stadt verwaltet und 350.000 Mark Miete erhält, aufgenommen.

Problematisch fürs Haus: Hunke ist verärgert, und das durchaus aus verständlichen Gründen. Hunke: „Ich sah mich einer Geldforderung nach der anderen konfrontiert. Auch das ist eine Erfahrung.“ Ingo Mix liegt denn auch viel daran zu betonen: „Die Kulturbehörde weiß das Engagement von Herrn Hunke sehr zu schätzen.“ Dazu hat sie allen Grund. Man mag von Jürgen Hunke als Person halten, was man will: Eine Zukunft hat das traditionsreiche Haus, so sieht es nun einmal aus, nur mit dem mäzenatischen Theaterleiter Jürgen Hunke.

Dirk Knipphals

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