: Antworten auf Letzte Fragen
Wenn zwei Menschen miteinander das Lager teilen, finden sie – um z.B. engumschlungen einzuschlafen oder dergleichen – mühelos in verschiedenen Positionen Platz für drei Arme. Nur der vierte stört immer irgendwie. Wohin mit dem vierten Arm? (8.8.98)
In den „Kopfkanal“ – meine Erfindung, hiermit großzügig ohne Patentschutz der taz-Leserschaft zur Verfügung gestellt. Man braucht dazu nur ein ziemlich weiches Kopfkissen. Das wird zu einer schmalen, prallen Wurst geformt und dann so unter den seitlich liegenden Kopf des/der einen praktiziert, daß sich zwischen Kissen, Hals und Schulter ein Hohlraum bildet, eben der „Kopfkanal“. Durch diesen kann dann der/die andere einigermaßen bequem seinen/ihren Arm durchstecken. Die anderen drei arrangieren sich dann problemlos.Christiane Rattinger, Offenburg
Man läßt ihn einfach links liegen. Irgendwann ist er ohnehin eingeschlafen.Gerd Neurath, Saarbrücken
*
Wie macht das Reh? (8.8.98)
Natürlich so:
Das Reh springt hoch,
das Reh springt weit,
warum auch nicht,
es hat ja Zeit!
Thelma & Louise
Natürlich im Stehen. Anatomisch bedingt. Wie mir mehrere Förster und Waldläufer unabhängig voneinander glaubhaft versicherten, werden die von der Bundeswehr auf Truppenübungsplätzen aufgestellten Dixi-Klos nicht von Rehen benutzt. Vermutlich wurden sie dafür auch nicht konstruiert.Jan Schröder, Hannover
Bruzzel, bruzzel – wenn das Reh in der Röhre (Brat) ist.Genießerinitiative Haarwild
Hamburg, Heinrich Heinrich
*
Warum haben alle Menschen das Gefühl, daß die Zeit immer schneller vergeht, je älter sie werden? (8.8.98)
Während für andere Dimensionen etwa ab dem 15. Lebensjahr das Bezugsmaß weitgehend gleich bleibt – die eigene (Körper-) Größe für die Länge, die eigene Muskelkraft fürs Gewicht etc. –, verändert sich der Maßstab für die Zeit mit der Zeit. Für einen Fünfjährigen sind ein Jahr stolze 23 Prozent seines Daseins, für einen Fünfzigjährigen hingegen nur noch klägliche zwei Prozent. Die subjektive Zeit, und nur sie empfinden wir, verrinnt zehnmal so schnell.
Man kann Rechenmodelle aufstellen, nach denen ein Zwanzigjähriger (bei der Annahme, er wird irgendwann einmal 80) schon neun Zehntel seiner subjektiven Lebenszeit hinter sich hat. So läßt sich diese Frage auch mit der alten Sentenz „weil der Mensch das Maß aller Dinge ist“ beantworten.
Die Antwort „...weil man, wenn man alt wird, für alles etwas länger braucht“ lasse ich nicht gelten. Erstens stimmt das manchmal, manchmal aber auch nicht; und zweitens fällt es, sofern überhaupt, im Vergleich zum subjektiven Maßstab praktisch nicht ins Gewicht.Enrico DellaCroce, München
(bald 70)
Das liegt daran, daß die noch zu lebende Zeit im Verhältnis zur bereits gelebten Zeit prozentual immer weniger wird. Für eine Zehnjährige z.B. entspricht ein weiteres Jahr zehn Prozent der bisher gelebten Zeit, für eine Zwanzigjährige sind es fünf Prozent mehr, bei einer Fünfzigjährigen nur noch zwei Prozent usw.
Wer will, mag sich damit trösten, daß man folglich mit 50 noch eine Lebenserwartung von 30 weiteren Jahren hat, was 30 mal 2 Prozent, also 60 Prozent entspricht.Anke Wortmann, Bremen
Weil wir uns mit zunehmendem Alter immer mehr wünschen. Schule, Uni, Arbeit, Arbeitslosigkeit: je weiter wir vorankommen, desto mehr wünschen wir uns, daß ca. 5/7 der Woche schnell herumgehen.Georg Litty, Deidesheim
Wie bei so vielem liegt's auch hier an der Relativität. So wie ein besonders schlauer Mensch die Bedienungsanleitung seines Anrufbeantworters völlig verständlich und ein ganz besonders dummer Mensch dieselbe undurchschaubar findet, erlebt ein Einjähriger ein Jahr als Ewigkeit und ein Fünfzigjähriger als kurzen Moment.
Trotz unseres Wissens, daß es vor uns schon Napoleon und Karl den Großen gegeben hat, entspricht in unserem Gefühl die Ewigkeit der Dauer unseres (bisherigen) Lebens – in unserem Beispiel ein Jahr also 1/1 bzw. 1/50 Ewigkeit. Weswegen man weder Heiligabend zu einem Kleinkind „vielleicht schenkt dir der Weihnachtsmann ja nächstes Jahr ein Lego- Ufo“ sagen sollte noch zu jemandem an seinem 49. Geburtstag „du wirst doch erst in einem Jahr wieder älter“.Dr. Thomas Bschor, Berlin
Ich habe drei Erklärungen:
1. Mathematisch: Gilt auch für alle anderen zeitlich begrenzten Ereignisse, z.B. Urlaub. Während eines dreiwöchigen Urlaubs vergeht am Anfang mit 1 Tag nur 1/21 des Resturlaubs, während 3 Tage vor Urlaubsende mit 1 Tag schon 1/3 des Resturlaubs vergeht. Innerhalb der gleichen Zeit vergeht also mehr Restzeit.
2. Biologisch: Der Stoffwechsel beim Menschen verlangsamt sich mit zunehmendem Alter. Im Alter verdauen, gehen, lernen wir langsamer als Kinder. Wenn der Stoffwechsel als eine Art innere Uhr fungiert, verlangsamt sich die innere Zeit im Verhältnis zur äußeren Zeit bzw. die äußere wird als schneller empfunden.
3. Psychologisch: Als Kinder sind wir unsterblich, solange wir nichts vom Tod wissen. Als junge Erwachsene wissen wir vom Tod, aber solange ältere Generationen leben, ist der Tod recht abstrakt. Erst später rückt das Ende stetig näher. In unserem Bewußtsein nimmt die verbleibende Zeit viel stärker ab als in Wirklichkeit: Nicht von 80 auf 0, sondern von unendlich auf 0. Es ist klar, daß das nicht linear gehen kann. Zum Schluß muß sich das Bewußtsein ganz schön beeilen, die Kurve auf 0 zu kriegen.Wolfgang Thomas, Berlin
Die Zeitmenge eines Tages wird immer geringer im Verhältnis zur Lebenszeitmenge. Möglicherweise empfindet der Mensch den Zeitverlauf in Relation zu seiner Lebenszeit. Wenn die Lebenszeit als 1 empfunden wird, wird die Tagzeit (24 Std.) vieleicht als 1/Lebenstage empfunden. Vieleicht auch relativ anders.Volker Doescher, Beverstedt
Aus zwei Gründen, die sich gegenseitig verstärken:
1. Jede Zeiteinheit, die vergeht (z.B. ein Jahr), ist mit wachsendem Alter ein immer kleinerer Anteil dessen, was man vorher bereits erlebt hat. Sie trägt also relativ weniger dazu bei und wird daher als kürzer empfunden.
2. Dieselbe Zeiteinheit ist ein immer größerer Anteil dessen, was man künftig noch erleben könnte. Sie bringt also einen relativ größeren Verlust mit sich, ihr Verstreichen scheint daher immer schwerer zu wiegen.Helmut Richter, Frankfurt a.M.
*
Was ist eigentlich ein Treppenwitz? (1.8.98)
Treppenwitz, der: Vor allem in der Architektur gebräuchliche Fachbezeichnung für eine sehr kleine Treppe.Dominik Jung, Saarbrücken
Daß ich, im Erdgeschoß eines achtstöckigen Hochhauses wohnend, alle drei Wochen mietvertraglich das Treppenhaus meiner Etage putzen mußte und am Tag danach nur noch Relikte meiner reinigenden Tätigkeit zu erkennen waren. Das ist ein Treppenwitz. Seit sechs Wochen bin ich umgezogen und habe nun nichts mehr zu lachen.Wilfried Böhling, Stade
*
Wie gehen die Regeln der Kunst? (1.8.98)
Viele kennen sie, aber wissen wir, wie sie gehen? Vermutlich liegt das daran, daß wir sie so selten aufrecht und selbstgewiß, regelmäßigen Schrittes einhergehen sehen. Eher schleichen sie, vielen Anfeindungen ausgesetzt, gebeugt, ja sogar gebrochen an uns vorbei, um dann irgendwo unbeachtet darniederzuliegen. Schnell gerät dann in Vergessenheit, wie sie denn gehen, die Regeln der Kunst.Maria Ukere, Hamburg
Warum bekommt derjenige eine böse Schwiegermutter, dessen Tortenstück beim Auftun auf den Teller umfällt? (25.7.98)
Jedes Tortenstück fällt beim Auftun um, und jeder bekommt eine böse Schwiegermutter. Nur wer sich so unnatürlich breite Tortenstücke einverleibt, daß sie nicht umfallen können, bekommt – sei es wegen Fettleibigkeit oder schlechter Tischmanieren – keine Frau ab. Und damit auch keine (böse) Schwiegermutter. Für alle anderen ist hingegen beides unvermeidlich. Nur, warum um Himmels willen, sind alle Schwiegermütter böse?Arno Lehmann, Oldenburg
*
Warum heißen Würstchen in Deutschland „Wiener“, in Österreich dagegen „Frankfurter“? (18.7.98)
Die Würstchen, die zu den Frankfurtern „Wiener“ sagen, müßten eigentlich „Prager“ sagen. Denn der Frankfurter Metzger Wiener ist in Prag geboren. Aber da ja aus Prag schon die Krakauer und die Debrecziner kommt, sagt man halt „Frankfurter“ oder „Wiener“. Die Prager waren ja schon immer sehr bescheiden.Steffen Sauter, Sindlingen a.M.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen