: Keine Angst in Havelhöhe
■ Der Geschäftsführer der anthroposophischen Klinik geht nicht davon aus, daß die Reformklinik geschlossen wird. Die Gründung wurde 1993 parteiübergreifend beschlossen
Gelassen reagierte gestern der Geschäftsführer des anthroposophischen Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe auf die Empfehlung des Krankenhaus-Gutachtens, die Reformklinik abzuwickeln: „Unser Haus wird nicht geschlossen, da bin ich mir sicher“, sagte Roland Bersdorf. Die Gutachter hatten vorgeschlagen, bis 2004 die Spandauer Klinik mit 318 Betten komplett dichtzumachen.
Bersdorf ist deshalb so optimistisch, weil es 1993 einen „parteiübergreifenden Konsens“ gegeben hatte, in Berlin erstmals ein anthroposophisches Krankenhaus zu eröffnen. Tatsächlich hatte Gesundheitsstaatsekretär Detlef Orwat (CDU) vor fünf Jahren im Einvernehmen mit allen Parteien entschieden, die dortige Klinik in ein anthroposophisches Krankenhaus umzuwandeln. „Ein solche Klinik war Orwats ausdrücklicher Wunsch, deshalb wird es hier weitergehen“, ist sich Bersdorf sicher. Drei Jahre wurde ein geeigneter Standort gesucht, bis man sich 1993 für das Krankenhaus am Kladower Damm entschied.
Seit der Eröffnung 1995 wurden in die Klinik, die vor dem Zweiten Weltkrieg als Luftwaffenkriegsschule diente, 20 Millionen Mark investiert – die Gelder kamen bis auf Spenden von 1,3 Millionen Mark von der Gesundheitsverwaltung. Die letzte große Investition ist erst im Januar dieses Jahres getätigt worden: Eine Geburtshilfestation wurde eingerichtet, nachdem 1996 die Frauenheilkundeabteilung eröffnet worden war. Derzeit arbeiten in Havelhöhe 600 MitarbeiterInnen.
Das Krankenhaus, das herkömmliche Schulmedizin mit Naturheilverfahren verbindet, ist derzeit die einzige anthroposophische Klinik in Berlin und Ostdeutschland. Nach Angaben von Bersdorf sind bereits die Hälfte der Patienten Nicht-Spandauer. Vergleichbare Häuser gibt es lediglich in Hagen (Herdecke-Klinik) und Stuttgart (Filder-Klinik). „Eine Schließung wäre deshalb fatal“, sagte Bersdorf. Er kritisierte außerdem, daß für das Gutachten überwiegend Zahlen von 1996 herangezogen wurden. Damals war das Krankenhaus erst zu 80 Prozent ausgelastet, heute sind es bereits 91 Prozent.
Sowohl der grüne Gesundheitspolitiker Bernd Köppl als auch die Spandauer SPD sprachen sich vehement gegen eine Schließung des Hauses aus. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Hans- Peter Seitz, war da schon ein bißchen vorsichtiger: „Es ist nach wie vor politischer Konsens, daß ein anthroposophisches Angebot erhalten bleibt.“ Über den Standort wolle er sich aber erst äußern, wenn ihm die Langfassung des Gutachtens vorliege. Julia Naumann
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