■ Die US-Bombardements haben keinen Einfluß auf den Nahen Osten: Geteiltes Völkerrecht
Keine Frage. Es liegt im palästinensischen Interesse. Doch die Klagen über die Doppelzüngigkeit der US-Politik können nicht wirklich überzeugen. Der nahöstliche Friedensprozeß ist durch die US-Bombardierungen in Afrika und Asien nicht in Mitleidenschaft gezogen. In Daressalam und in Nairobi waren die US-Botschaften direkte Ziele der Angriffe, im Nahen Osten sind sie es nicht. Noch nicht. Eine Reaktion ist nicht erforderlich, weil die US-Interessen vordergründig nicht berührt sind. Was zählt, sind nicht moralische Vorstellungen, sondern politische Interessen. Erst wenn es Hamas gelingen würde, das US-Konsulat in Ost-Jerusalem in die Luft zu jagen, könnte sich die Einstellung ändern. Die Erfolgsaussichten sind allerdings ebenso gering wie die Intentionen von Hamas. Solange der Friedensprozeß dank Netanjahu auf dem absoluten Nullpunkt bleibt, ist jeder Hamas- Selbstmörder ein absolut unnötiges Opfer.
Es gibt in der arabischen Welt niemanden, der die strategische Allianz zwischen Israel und den USA in Frage stellt. Ob Israel die Verträge nun einhält oder nicht, kein Palästinenser erwartet, daß die USA Israel wirklich unter Druck setzen werden. Natürlich schlagen die Verschwörungstheorien in arabischen Medien hohe Wellen, die Monica Lewinsky zur Mossad- Agentin machen, die Bill Clinton zum Sex verführte, um ihn derart bloßzustellen, daß er ausgerechnet vor dem bekennenden Ehebrecher Netanjahu kuscht. Alles Schmuh.
Immer haben die USA das Völkerrecht nur dann verteidigt, wenn es in ihrem Interesse war. Die US- Militärschläge mögen die Antipathie gegen die USA in der islamischen Welt anheizen. Am Ungleichgewicht zwischen Palästinensern und Israelis ändern sie nichts. Politische Moral hin oder her. Der israelisch- palästinensische Friedensprozeß wird weiterhin stagnieren. Und beklemmende Ausreden der USA produzieren. Selbst Netanjahu und der Falke Scharon haben dem US-Vorschlag eines 13,1prozentigen Teilrückzugs zugestimmt. Freilich unter der Bedingung, daß Arafat Hamas-Leute an Israel ausliefert, einem dritten Teilrückzug in Höhe von sage und schreibe einem Prozent zustimmt und die PLO-Charta umschreibt. Das Diktat ist israelisch, und jeder weiß das.
Es ist nicht die Glaubwürdigkeit der US-Regierung, die im Nahen und Mittleren Osten auf dem Spiel steht. Es geht um Macht oder zumindest die Demonstration derselben. Und die Muskeln zeigt man immer noch erst dem Gegner und nicht dem Verbündeten. Aber selbst an diesem muß die Botschaft ja nicht spurlos vorübergehen, solange er eben nicht Israel heißt. Georg Baltissen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen