■ „Tagesspiegel“
: Giovanni di Lorenzo macht alles neu

Es sieht so aus, als lasse sich Dieter von Holtzbrinck, der Eigner des gleichnamigen Medienkonzerns, zu seinen Personalentscheidungen immer beim fernsehen inspirieren: Im vergangenen Jahr holte er aus dem „Literarischen Quartett“ Hellmuth Karasek als Herausgeber zu seiner Berliner Lokalpostille Tagesspiegel. Zuvor hatte bereits Karaseks Mit-Quartetteuse Sigrid Löffler bei Holtzbrincks Zeit angeheuert. Nun hat Holtzbrinck wohl nur ein bißchen das Programm gewechselt: Giovanni di Lorenzo, TV-Junkies als Quasselaufseher bei der Talkshow „III nach 9“ bekannt, wird zu Beginn nächsten Jahres alleiniger Chefredakteur des Tagesspiegel. Er solle im Jahr des Regierunsgumzuges die Stellung des Berliner Blattes stärken und die Redaktion gezielt ausbauen, hieß es.

Di Lorenzo ist derzeit verantwortlicher Redakteur für die Reportageseite der Süddeutschen Zeitung in München, wo er bereits seit zehn Jahren arbeitet und sich mit schöner Regelmäßigkeit mit Innenpolitikchef Heribert Prantl über die korrekte liberale Linie des Blattes beharkt. Der in München aufgewachsene Sohn italienischer Einwanderer, der als Zögling von SZ-Faktotum Herbert Riehl-Heyse gilt, war Anfang der neunziger Jahre Initiator der Lichterketten, bei denen sich liberale Bürger mit Kerzen gegen die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland zusammenfanden.

Bei Holtzbrincks Tagesspiegel, der, bislang vom großen Berliner Zeitungskampf kaum berührt, seine alte Linie weiterverfolgt hatte, soll der 39jährige Mann aus München vor allem verjüngen. In der Redaktion dominiert nämlich bislang männliches Grauhaar und eine ebensolche Schreibe. Bei Holtzbrinck dürfte möglicherweise der Gedanke den Ausschlag gegeben haben, daß mit Beamtenmentalität allein die Bonner Beamten nicht zu gewinnen sind. Die derzeitigen Chefredakteure werden umgesetzt – einer nach oben, der andere nach unten: Während Walther Stützle als Dritter in das stets vollbesetzte Herausgebergremium aufrückt, darf Gerd Appenzeller sich künftig den Titel „Redaktionsdirektor“ auf die Visitenkarte schreiben.lm