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TV aus der Toilettenperspektive

■ Manga, Musical, Märchen, Maskerade, Medienfarce: Tomoaki Hosoyamas hinreißende Komödie „A Weatherwoman“ startet erfreulicherweise im 3001

„Nonsense composes a life with love, sex, fight, songs and orgasm“, heißt es zu Beginn von Tomoaki Hosoyamas hinreißender Komödie A Weatherwoman – und damit wäre schon fast alles gesagt. Aber eben nur fast. Was einer der Macher des 3001 tiefstapelnd als ein weiteres Bonbon „für Freunde des Kinos ohne intellektuellen Anspruch“ schmackhaft zu machen sucht, entpuppt sich als nicht nur in der Tat schmackhaftes Gute-Laune-Bonbon, sondern als ungeheuer wilde Comedy-Sensation in der Tradition von Tampopo. Nicht nur, daß nach Forbidden City Cop ein weiteres Stück asiatischen Kinos ohne offiziellen Vertrieb seinen Weg nach Hamburg gefunden hat. A Weatherwoman gelingt zudem die große Leistung, mit viel burleskem Humor, aber ganz ohne krachlederne Schenkelklopfer über Sex zu sprechen.

Dabei nimmt sich dieser japanische Schelminnen-Roman so aus, als hätte Camp-Hohepriester John Waters in einem jener Orgon-Akkumulatoren, die der im kalifornischen Exil durch extraterrestrische UFO-Erlebnisse schon schwer umnachtete Wilhelm Reich bauen ließ, die französische Feministin Luce Irigaray verfilmt. Und zwar als Manga, Musical, Märchen, Maskenball, Medienfarce, Fantasy-Spektakel, absurdes pink movie – oder als alles auf einmal.

Die junge Autoerotikerin Keiko onaniert gerne und viel – zum Beispiel auf den Toiletten des japanischen Fernsehsenders J-TV, bei dem sie angestellt ist. Sie hat die besten Orgasmen der Welt, und außerdem kann sie auch ohne Männer oder Flügel fliegen. Als sie eine Kollegin bei der Wettervorhersage ersetzen darf, hebt sie am Ende ihren Rock und entläßt die ZuschauerInnen mit den Worten: „Wish to have a fine day tomorrow.“ Schnell steigt sie zum Star des Senders auf. Indem sie ihre Wettervorhersage zur Broadway-reifen Selbststilisierung entwickelt, wird sie zur nationalen Pop-Ikone, die nach jeder Show vor einer Armee von Liebesdienern, die genauso Almodovar wie Pasolini entstiegen sein könnten, ihre Flicflacs auf dem Weg ins Schaumbad vollführt.

Doch die Neider lassen nicht auf sich warten: allen voran Kaori, die intrigante Tochter des J-TV-Präsidenten. Ihr gelingt es zwar, Keiko kurzfristig auszuschalten. Nach einem mentalen Training in den Wäldern aber kehrt Keiko mit der Wucht von Der Pate II, Star Wars II oder Faust II zurück. In einem endlosen Musical-Duell treten die beiden Wetterfrauen zu einem telekinetischen Finale an – und Hosoyama läßt gegen alle Gesetze der Schwerkraft Gerechtigkeit walten.

Tobias Nagl

bis Mittwoch, 22.30 Uhr, 3001

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