Traditioneller Schnelldurchlauf

■ Die Kammerspiele stellten ihre neue Saison wie stets mit einer Eröffnungsgala vor

Was das Publikum der Kammerspiele dringend wünscht, ist eine eigene Show von Georg Schramm. Als lärmgepeinigter, klagewütiger Nachbar moderierte er die Gala, mit der am Mittwoch die neue Spielzeit der Kammerspiele eröffnet wurde, und so mancher der vorgestellten Kollegen sah gegen ihn reichlich blaß aus. Die echten Bewohner der Hartungstraße dürften dagegen froh sein, daß ihnen das Haus unter Leitung von Ulrich Waller und Ulrich Tukur mindestens bis zum Jahr 2000 erhalten bleibt.

Außer dieser äußerst erfreulichen Ankündigung bot die Gala wie gewohnt einen Ausblick auf geplante Produktionen und Gastspiele der Saison. Nicht alles war zu sehen: Auf die neuen Stücke wie Furtwängler, Kategorie 4 mit Ulrich Tukur, Hautnah mit Barbara Auer und Glückliche Tage mit Barbara Nüsse wird man bis zur Premiere warten müssen. Und auch auf die wohl wichtigste Produktion: Im Dezember inszeniert Peter Zadek Gesäubert von Sarah Kane.

Von Schramm live aufs Glatteis geführt wurden die Musik- und Kabarettsektionen sowie der Weihnachts-Kinderkrimi Das Geheimnis der roten Hand, von und mit Alexander Geringas und Marc Letzig, bei dem das Publikum den Täter überführen kann. Das Komische trat überwiegend in der klassisch-konservativen Politkabarett-Variante auf: Heinrich Pachl, Rolf Miller, Django Asül, Matthias Deutschmann und Horst Schroth mit seinem Herrenabend, der sich weniger der Politik als der gemäßigten Zote widmet.

Vielfältiger war das musikalische Programm. Dirk Darmstaedter sang zur Akustik-Gitarre Lieder aus Woodstockzeiten, Donata Höffer und Peter Franke chilenische Balladen, Joachim Kuntsch und Dietmar Mues nostalgische Schlager aus den 20er Jahren. Dominique Horwitz' temperamentvolle Brel-Interpretation ist aus dem letzten Jahr bekannt, doch immer noch hörenswert; ebenso die virtuosen Akkordeon-Stücke von Efim Jourist. Der Auftritt der Ostberliner Band Ultraviolett dürfte dagegen ein Risiko werden – Synthie-Groove im Theatersessel erzeugt meist ein ungutes Zucken in den Fußspitzen.

Am meisten mußte der arme Herr Tukur unter Schramms liebenswürdigen Giftspitzen leiden – doch das Quieken der reiferen Damen war nicht so laut wie wohl erhofft. Dafür ist der Plan, den Tukur und Waller für diese Spielzeit zusammengestellt haben, um so interessanter. Barbora Paluskova