■ QUERBILD: Assassins
So viel Regen gibt es gar nicht, um darstellen zu können, wie traurig es ist, wenn ein Mensch einen anderen Menschen erschießt. So hatte man bislang denken können. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß dies zu zeigen nun in seiner Anfangssequenz ausgerechnet einem Film gelingt, in dem Sylvester Stallone die Hauptrolle spielt. Die Filmleichen, die auf das Konto dieses Schauspielers gehen, sind schließlich kaum zu zählen. Aber nicht nur in dieser Hinsicht hat Richard Donners Film Assassins die Kraft, einen einmal neu auf diesen (neben Arnold Sch.) weltberühmtesten männermythelnden Verkörperer sehen zu lassen. Assassins ist kein doppelcodierter Comic, keine Actionsfilm-Verballhornung und schon gar keine Vorführung von Tötungsarten aus Gründen des Geschichtsrevanchismus. Sondern der Film ist nichts geringeres als ein gut gemachter, intelligenter und unbedingt sehenswerter Thriller. Was hier deshalb so herausgestellt sei, weil es bei diesem Hauptdarsteller ja nun wirklich keine Selbstverständlichkeit darstellt.
Nur ein wenig Nieselregen, ganz viel Grau – graues Wasser, grauer Himmel, graue Bäume – und Sylvester Stallones stoisches sowie das fahle Gesicht des Delinquenten, der weiß, was mit ihm geschieht: Die Anfangsszenen lassen einen an den Schluß von Kafkas Prozeß denken – in Stallones unbewegten Zügen scheint die Scham den Mord zu überleben. In der Folge zeigt dann vor allem Antonio Banderas als Stallones Gegenspieler – Profikiller sind sie beide –, was für ein aufregendes Spiel das Töten auch sein kann, wobei der Film irgendwann allzu sehr in sichere Thrillerpfade einschwenkt. Und der Showdown ist nichts weiter als eine ausgeklügelte Drehbuchtüftelei mit Schlußüberraschung. Aber der Anfang hat die Schlichtheit und die Kraft großer Filmkunst. Und ungefähr eine Stunde lang hält das, was folgt, da mit. Ein Film über die Aufregung und die Routine des Tötens. Und ein Film über die Einsamkeit und die Besessenheit des Killers. Bei Assassins wäre ein Meisterwerk durchaus drin gewesen. Daß er es dann doch nicht geworden ist, liegt nur daran, daß das Geschehen eine positive Wendung nehmen muß. Das Gute siegt. Aber immerhin: So beschädigt und unmoralisch wie hier war das Gute lange nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen