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Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen

■ Rußlands Personalkarussell dreht sich munter nach Jewgeni Primakows Wahl zum Premierminister: Wer zu Sowjetzeiten einen schönen Posten hatte, bekommt ihn zuweilen zurück

Moskau (taz) – „Er wirkt bei jeder Intrige mit, aber sehr vorsichtig“, charaktierisierte ein Mitarbeiter der russischen Präsidialverwaltung dessen stellvertretenden Leiter Sergei Jastrschembski. Seit vorgestern gehört der smarte Krawattensammler nicht mehr der Schaltzentrale im Kreml an. Präsident Boris Jelzin entließ seinen hochprofessionellen Pressesprecher im Zusammenhang „mit der Umsetzung auf einen anderen Posten“.

Gerüchte, Jastrschembskis Tage seien gezählt, kursierten schon seit längerem. Der Kremlchef soll es dem 46jährigen Diplomaten übelgenommen haben, daß er für den Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow als Premierminister votiert hatte. Mit dem gelernten Diplomaten verliert Boris Jelzin einen tadellosen Sprachcomputer, der seine gelegentlich wirren Gedanken und Äußerungen blitzschnell in politikfähige Aussagen reartikulierte. Wie Präsidialamtschef Valentin Jumaschew und Jelzins beratende Tochter Tatjana Djatschenko soll auch Jastrschembski zu den Handlangern des einflußreichen Finanzmoguls Boris Beresowski bei Hofe gehört haben. Für den Rausschmiß bedankte sich der Pressechef mit einer Formulierung frei nach byzantinischem Hofritual: „Ich bin dem Präsidenten sehr dankbar für die einzigartige Gelegenheit, mit ihm im Interesse Rußlands die letzten zwei Jahre zusammengearbeitet haben zu können“.

Die Nachfolge als stellvertretende Präsidialamtschefs treten voraussichtlich Sergei Prichodko und Alexander Woloschin an. Prichodko übernimmt die Außenpolitik, Woloschin soll sich mit Wirtschaftsfragen befassen. Die Vakanz im Außenministerium nach dem Aufstieg Primakows auf den Posten des Premierministers besetzt unterdessen der bisher stellvertretende Außenminister Igor Iwanow. Seit 1993 bekleidet der 52jährige Iwanow den Posten eines Vizeaußenministers. Iwanows Schwerpunkt ist die spanischsprachige Welt. 1991 wurde er russischer Botschafter in Madrid.

Der bereits am Freitag von der Duma bestätigte neue Leiter der russischen Notenbank, Wiktor Geraschtschenko, kündigte unterdessen an, Rußland käme um eine kontrollierte Geldemission nicht herum. Die Krise zu überwinden, sei „superschwierig“. Die Arbeit von Zentralbank und Regierung müsse vom Parlament kontrolliert werden, schlug der altgediente Banker vor, der schon zu Sowjetzeiten Chef der Zentralbank war. Grigori Jawlinski, Vorsitzender der reformorientierten Partei Jabloko, lehnte nochmals die Teilnahme seiner Partei an der Regierungsbildung ab. Grund sind die Personalentscheidungen des neuen Premiers Primakow, der mit Masljukow einen Kommandowirtschaftler aus der KP-Fraktion zum Vizepremier ernannte, dem die Leitung der Wirtschaftspolitik obliegt. Klaus-Helge Donath

Primakow: Rußland geht nicht pleite

Moskau/Bonn (AFP) – Der neue russische Ministerpräsident Jewgeni Primakow hat versichert, Rußland werde sämtliche Zahlungsverpflichtungen erfüllen, sich nicht bankrott erklären und auch nicht pleite gehen. Vertreter der sieben führenden Industrienationen (G 7) wollen heute in London über die Rußlandkrise beraten. Zu deren Überwindung bot die Bundesregierung die Entsendung deutscher Wirtschaftsexperten nach Moskau an.

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