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Bier brauen wie der Altvordere

Entscheidung über Verkauf der Bavaria-Brauerei naht: Jetzt bietet auch der Immobilien-Mogul Helmut Greve mit  ■ Von Sven-Michael Veit

„Zügig“, so versprach Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) gestern am Rande der Bürgerschaftssitzung, „geht es auf die Entscheidung zu.“ Der Verkauf der Bavaria-Brauerei (Astra, Ratsherrn) auf St. Pauli könne „in etwa zwei Wochen“ unter Dach und Fach sein. Dabei stehe für den Senat weiterhin die Maßgabe im Vordergrund „den Standort und die Arbeitsplätze zu erhalten“. Sprachs und überreichte dem SPD-Abgeordneten Jan Ehlers zwei Kisten Astra. Mit dem hatte er gewettet, schon im August einen Käufer für die Traditionsbrauerei vom Kiez gefunden zu haben. Nun wird's wohl Oktober werden – und wie es scheint, könnte es der Hamburger Immobilien-Mogul Helmut Greve sein, der unter die Bierbrauer geht.

Der erklärte ebenfalls gestern nachmittag, daß er nachhaltig daran interessiert sei, die Kiezschänke zu übernehmen. Grundlage sei lediglich, „daß der Erste Bürgermeister und der Senat dies als wünschenswert bezeichnen“. Seine Motive seien, die „Arbeitsplätze im Werk und die Biersteuer für Hamburg“ zu erhalten; zudem habe er unter den Gründern der Brauerei vor gut 350 Jahren „eigene Vorfahren entdeckt“.

Ansonsten wollte der solcherart romantisch umwandelte 76jährige Milliardär sich nicht in Details verlieren. Mit den Unterhändlern der Stadt, dem Bankhaus Warburg, sei schließlich die übliche Vertraulichkeit über die Verhandlungen vereinbart worden. Allerdings habe er bereits Gespräche mit dem Management und dem Betriebsrat geführt. Würde er bei Bavaria einsteigen, sollten Unternehmensführung und Belegschaft an dem Unternehmen beteiligt werden. Gemunkelt wird in eingeweihten Kreisen, daß Greve die Bavaria-Brauerei in einem Konsortium mit den drei Bavaria-Geschäftsführern weiterführen und ausbauen wolle. Er selbst soll demnach ein Drittel der Kaufsumme von rund 115 Millionen Mark beisteuern, die Geschäftsführer würden sich mit „kleineren Beträgen beteiligen“. Der größte Teil werde über Bankkredite finanziert, die Vorvertragsentwürfe seien „praktisch fertig“. Aus der Chefetage der Brauerei war gestern weder eine Bestätigung noch ein Dementi zu erhalten.

Neben Greve zählt noch die Hamburger Holsten-Brauerei sowie angeblich ein ungenannter dritter Investor zu den potentiellen Käufern. Holsten ließ gestern verlauten, weiterhin am Erwerb von Bavaria interessiert zu sein. Auf ein Wettbieten wolle man sich aber nicht einlassen.

Die Stadt hatte im November vorigen Jahres für rund 110 Millionen Mark die Brauerei vom Dortmunder Brau- und Brunnen-Konzern gekauft. Der rot-grüne Senat sicherte damit das vorläufige Überleben der ältesten Hamburger Brauerei und per Bestandsgarantie für zweieinhalb Jahre 370 der vormals 520 Arbeitsplätze. Der Konzern von der Ruhr hatte Bavaria stillegen wollen, was zu monatelangen Protesten auf St. Pauli geführt hatte. Bürgermeister Runde hatte bei der Übernahme versichert, Bavaria „zügig“ weiterzuverkaufen. Der Senat wolle lediglich den Kaufpreis wieder herausbekommen und möglichst alle Arbeitsplätze in der Brauerei gesichert wissen.

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