Michael Schirner: Vom gelben Bär zum grünen „Ü“

„Die Stadt“, sagt Michael Schirner über Berlin, „muß sich entschließen, Metropole, ein neues Berlin zu werden.“ Die Stadt, das ist für den Düsseldorfer Werbepapst vor allem ein Produkt. Und um das stehe es schlecht. „Berlin hat kein Profil, keine Vision“, sagt Schirner. Einen Teil dieser Feststellung hat Schirner freilich selbst zu verantworten. Bis zum 31. Dezember 1991 war seine Agentur nämlich für die Berliner Olympiabewerbung zuständig. Den Einsatz im profillosen Berlin hat sich Schirner dabei fürstlich entlohnen lassen – mit einer Monatsgage von 187.000 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer. Dies war, nach den Skandalen um die Sex-Videos und die Entlassung von Ex-Olympia-GmbH-Boß Lutz Grüttke, selbst Eberhard Diepgen zuviel: Der Vertrag mit Schirner wurde gelöst, anschließend wurde gegen Grüttke ermittelt – wegen Verdachts der Veruntreuung in Höhe von fünf Millionen Mark.

Etwas Bleibendes hat Schirner der Olympiawerbung dennoch hinterlassen: das gelbe Bärchen mit den Knopfaugen und dem süßen Lächeln, das nicht nur die autonomen Olympiagegner, sondern auch die bündnisgrüne Abgeordnete Judith Demba ein ums andere Mal zu „Verschönerungen“ herausgefordert hat. Letzteres kann sich Demba heute freilich nicht mehr leisten, ohne ein Parteiausschlußverfahren zu kassieren: Nach seinem Faible für Olympia hat Schirner nun seine Kunden bei den Bündnisgrünen gefunden: als Erfinder der Kampagne mit dem „Ü“.

Foto: Heinrich Drach