: Serbien walzt den letzten Widerstand im Kosovo nieder
■ Der UN-Sicherheitsrat will bis Ende der Woche eine Resolution zum Kosovo verabschieden. Dann hat die serbische Offensive möglicherweise schon ihr Ziel erreicht
Berlin/New York/Priština (taz/ dpa/AP) – Trotz der jüngsten serbischen Offensive im Kosovo zeigen sich die deutschen Vertreter bei der UNO-Generalversammlung in New York optimistisch. Bundesaußenminister Klaus Kinkel rechnet noch in dieser Woche mit einer Resolution des Sicherheitsrates zum Thema Kosovo. Nach einem Treffen Kinkels mit seinem russischen Amtskollegen Igor Iwanow fand Außenamtssprecher Martin Erdmann die schönen Worte: „Wir stehen am Anfang eines zielführenden Prozesses.“
Bei den UN-Beratungen geht es um die Formulierung einer Resolution, mit der Belgrad Zwangsmaßnahmen wegen der Verfolgung der albanischen Bevölkerung in der serbischen Provinz angedroht werden sollen. Allerdings möchte Rußland sicherstellen, daß militärische Angriffe ausgeschlossen bleiben. Wenn der von Erdmann zitierte „zielführende Prozeß“ abgeschlossen ist, so steht zu befürchten, werden serbische Einheiten die völlige Kontrolle über den Kosovo zurückgewonnen haben, um den Preis weiterer Opfer, Flüchtlinge und Zerstörungen.
Gestern leiteten serbische Truppen ihre Offensive gegen die letzten Bastionen der Kosovo-Albaner ein. Panzer und schwere Artillerie griffen mehrere Dörfer entlang der Straße von Priština in das 40 Kilometer nordwestlich gelegene Kosovska Mitrovica an. Über den angegriffenen Dörfern stiegen dichte Rauchwolken auf. Nach einer Mitteilung des Kosovo-Informationszentrums wurden mindestens 16 Bewohner verletzt, unter ihnen sechs Frauen und zwei Kleinkinder.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen appellierte gestern in einer Presseerklärung an die UCK, Vertreter politischer Parteien ihrer Landsleute und gewählte Abgeordnete des von Belgrad nicht anerkannten Parlaments der Kosovo-Albaner umgehend wieder freizulassen, die die UCK am Sonntag in dem Dorf Quirez festgenommen haben soll. Mindestens elf Mitglieder einer Delegation, die sich dort über die Lage der rund 20.000 Flüchtlinge informieren wollten, würden immer noch festgehalten. Zu ihnen gehörten unter anderen der Vizepräsident des Parlaments, Gergj Dedaj, der Präsident der Demokratischen Liga des Kosovo, Agim Krasniqi, mehrere LDK- Mitglieder sowie führende Vertreter anderer Parteien.
Nach einem Bericht der in Priština erscheinenden albanischen Tageszeitung Koha Ditore wurden die Besucher in einem Informationsbüro in Quirez festgenommen, als etwa zehn UCK-Mitglieder überraschend in den Raum eindrangen. Sanije Aliu, Mitglied der LDK-Führung, berichtete gegenüber der Zeitung, die UCKler hätten zunächst die Ausweise aller Anwesenden kontrolliert. Daraufhin hätten sie gesagt, daß alle Mitglieder politischer Parteien festgenommen seien.
Der Militärbeauftragte der Kosovo-Albaner, Ahmet Krasniqi, wurde am Montag in der albanischen Hauptstadt Tirana ermordet. Unbekannte hatten den 50jährigen erschossen, als er sich in einem Vorort auf dem Heimweg befand, teilte das Ministerium für öffentliche Ordnung gestern in Tirana mit. Krasniqi war für die Organisation paramilitärischer Kräfte verantwortlich, die neben der UCK operieren sollten. Siehe auch Seite 10
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