: Antworten auf Letzte Fragen
Warum ist geteilte Freude doppelte Freude, geteiltes Leid aber nur halbes Leid? (19.9.98)
Wenn einer sich freut und das einem anderen erzählt, freuen sich schon zwei. Freude + Freude = 2 x Freude, ganz logisch. Bei Leid ist das komplizierter: Einer leidet und erzählt das einem anderen, der leidet auch, macht 2 x Leid. Der erste freut sich dann aber, daß er nicht alleine leidet, vergißt darüber den größten Teil seines Problems und geht in die Küche. Der zweite hört, daß das Bier schon kaltgestellt ist, vergißt auch den größten Teil des Problems, das ihm ja sowieso ein bißchen am Hintern vorbeiging, und folgt dem ersten. Das Restleid beider addiert, ergibt so ungefähr 50 Prozent. Eher weniger.Anne Rasch, Adendorf
Diese alte Weisheit wurde von assyrischen (oder babylonischen? – man weiß es nicht so genau) Sozialpolitikern zur Beachtung durch das Volk erfunden. Begreift man das Wort „teilen“ als „(zwischen verschiedenen Parteien) aufteilen“, ist sie schon auf den ersten Blick sinnlos. Auf Sachwerte bezogen, gilt sowohl für (leidvolle) Schulden als auch für (erfreuliche) Guthaben, daß sie durch Teilung halbiert (bzw. allgemein kleiner) werden. Aber auch im zwischenmenschlichen Bereich „teilt“ kaum jemand seineN LiebsteN mit anderen, um sein Glück in der Beziehung zu verdoppeln (bzw. zu vergrößern). Die Aussage kann sinnvoll sein, wenn „teilen“ als „mitteilen“ gelesen wird. Aber auch dann ist ihr Wahrheitswert gleich null, denn in dieser Lesart setzt sie Gefühle wie „Freude angesichts fremden Glücks“ oder „Trauer angesichts fremden Unglücks“ voraus. Der Satz ist demnach nur als Appell zu verstehen, als Bitte, kurzzeitig von den Fakten abzusehen und ihm wenigstens zeitweise einen Hauch von Geltung zu verschaffen.Jan Bruners, Köln
Geteiltes Leid ist halb so schön.Frank Wilde, Berlin
Diese Lösung fungiert lediglich als Rechtfertigung für notorische Schwätzer und Klatschbasen, die meinen, alle negativen und positiven Gefühlsbewegungen ihrer Außenwelt unterjubeln zu müssen. Um ihre ach so leidvollen Erfahrungen (“heute ist mir mein Brötchen mit der Marmeladenseite nach unten gefallen“) weiterhin kritiklos absondern zu können, arbeiten sie an der weltweiten Durchdringung ihrer „Weisheit“, indem sie Kalenderspruch-Redaktionen gründen und gefälschte Poesiealben unters Volk bringen.Majo Heinemann, Berlin
Diese Gegenüberstellung ist ganz einfach: doppelte Freude, halbes Leid. Das Leben ist aber nicht so! Wer zum Beispiel mit Geschwistern groß geworden ist, weiß das. Da ist geteiltes Leid nämlich einseitige Freude. Und weil das so ist, will ich (Einzelkind) hier einen Tip weitergeben, den ich schon vor längerer Zeit von zwei Geschwistern bekommen habe: Einer teilt, und der oder die, die nicht geteilt hat, darf sich ihren Teil aussuchen. Aber Vorsicht! Bevor Freude oder gar Leid geteilt werden, empfehle ich, erst einmal einen Test mit Schokolade oder Gummibärchen zu machen.Mark Hillebrand
Es handelt sich hierbei um den schlüssigen mathematischen Nachweis, daß es wahre Freude in Wirklichkeit gar nicht gibt: Die Auflösung der algebraischen Aufgabe Freude : 2 = 2 x Freude ist nur möglich unter der Bedingung, daß Freude = 0. Anders verhält es sich mit der Formel Leid : 2 = 1/2 Leid. Ob kleines Leid, ob großes Leid, diese Formel löst sich aufgrund ihrer Tautologie immer auf.Hans-Joachim Preuss,
Troisdorf-Müllekoven
Wie kommt die Träne ins Knopfloch? (19.9.98)
Sie rollt geradeaus und verschwindet – wie die Golfkugeln beim Einputten – unter Trauer im nächsten Loch, und das ist erfahrungsgemäß das darunterliegende Knopfloch. Bei festlichen Anlässen verschließt dieses übrigens die berühmte Nelke, in die dann die entsprechende Freudenträne rollt.Uta Eckensberger, Saarbrücken
Warum gibt es nur traurige Maikäferlieder? (19.9.98)
Weil Maikäfer zwar ausgezeichnete Komponisten und Texter sind, aber überhaupt nicht singen können. Die darüber entstehende frustrationsbedingte Melancholie schlägt sich selbstverständlich in der gesamten Tonalität des Liedgutes nieder. Außerdem rächt sich das Viehzeug damit für unseren Drang, es von den Bäumen zu schütteln und anderen Leuten ins Bett zu legen (siehe dazu „Max und Moritz“).Frank Biernat, Hamburg
1. Weil eine Kompanie der Kaiserlichen Garde in Berlin um die Jahrhundertwende den Namen „Maikäfer“ hatte.Willi Kamp, Emsdetten
Tatsache ist: Maikäfer können gar nicht richtig singen. Maikäfer summen mehr so vor sich hin, mal aus Langeweile, mal aus Übermut. Lieder, die Menschen ab 3 Promille Blutalkohol über Maikäfer singen, sind getragen, melancholisch und zeugen von der Einsamkeit des Trinkers sowie der tiefen Trauer über den neuerlichen Verlust mehrerer Millionen Gehirnzellen.Günter Fenrich, Heppenheim
Wo genau liegt der Hund begraben? Und woher weiß man das überhaupt? (12.9.98)
Tja, wo liegt der Hund begraben? So genau weiß ich das auch nicht, aber meistens reicht es ja, wenn man weiß, wo man das nachschauen könnte. Eine ganz heiße Spur scheint Helmut Haensle aufgespürt zu haben. Der Titel seiner 74seitigen Studie: „Sag mir, o Hund – wo der Hund begraben liegt. Das Grabepigramm für Diogenes von Sinope; eine komparative literarisch-epigraphische Studie zu Epigrammen auf teriphore Namensträger“ (Hildesheim u.a. 1989). Also wenn's da nicht drinsteht, dann weiß ich auch nicht mehr...Thomas Keil, Würzburg
Wie bitte aus nachfolgendem Gedicht zu ersehen, war Palma Kunkel bereits dort, und Christian Morgenstern hat in seinen „Galgenliedern“ davon berichtet:
Das Grab des Hundes
Gestern war ich in dem Tal, / wo der Hund begraben liegt. / Trat erst durch ein Felsportal / und dann wo nach links es biegt.
Vorwärts drang ich ungestört / noch um ein Erkleckliches – / ist auch niemand da, der hört? / Denn nun tat ich Schreckliches:
Hob den Stein, auf welchem steht, / welchem steht: Hier liegt der Hund – / hob den Stein auf, hob ihn – und – / sah – oh, die ihr da seid, geht!
Sah – sah die Idee des Hunds, / sah den Hund, den Hund an sich. / Reichen wir die Hände uns; / dies ist wirklich fürchterlich.
Wie sie aussah, die Idee? / Bitte bändigt euren Mund. / Denn ich kann nicht sagen mehr / als daß sie aussah wie ein – Hund.Otto-A. Peters, Ahrensburg
Ein Freund sagte: „Wo es am schwersten ist, da liegt der Hund begraben.“ Nachdem ich mein Astronomielexikon gewälzt hatte, stellte ich fest, daß es auf dem Jupiter am schwersten sein müßte, denn ein normalgewichtiger Mensch wiegt dort über 20.000 Kilogramm. Eine esoterisch angehauchte Freundin meinte jedoch, das Jupiterprinzip stehe für Offenheit und Weite und sei eher lebensfördernd, so daß es dort keine toten Hunde geben kann. Sie meinte, daß sich astrologisch gesehen die dunkle Seite des Pluto am ehesten für die Grabstelle des Hundes eigne. Ein anderer astronomisch bewanderter Freund sagte mir dagegen, daß ich auf den Eso- Quatsch bloß nicht reinfallen sollte und daß es zwei Hunde gäbe, den Großen und den Kleinen Hund, die im Winter unter dem Sternenbild Orion zu sehen seien. Nachdem ich aber meine Lieblingsserie „Star-Trek Voyager“ gesehen hatte, kamen mir Zweifel daran. Ein begrabener Hund ist dort nicht zu sehen, und es müßte mindestens eine Plasmawolke die Sicht auf die Hunde verdecken. Ist der Hund vielleicht in mir begraben? Vielleicht ist er ja auch gar nicht tot und schläft nur? Das wird mir jetzt zu gefährlich. Schlafende Hunde soll man bekanntlich nicht wecken.Manfred Diers, Oldenburg
Ist mein Frühstücksei befruchtet? (12.9.98)
Diese Frage können Sie leicht klären: Nachdem Sie das Ei pflaumenweich gekocht haben, finden Sie beim vorsichtigen Auslöffeln oft dicht über dem Eigelb eine kleine Menge weißlich-klebriger besonders dünner Flüssigkeit. In meiner Kinderzeit erklärten mir dazu die Nachbarjungen: „Das ist Hahnenpisse!“Gesine Münk, Bremen
Der größte Teil der Frühstückseier, die im Handel erhältlich sind, haben leider nur den halben Chromosomensatz und sind somit unbefruchtet. Nur da, wo ein Hahn mit entsprechend glücklichen Hühnern zusammenlebt, die tagtäglich von ihm „getreten“ werden, erhält man ein Frühstücksei mit doppeltem Chromosomensatz. Nur dies sind die wahren Eier mit vollem Aroma und Geschmack. Einige Genießer empfinden sogar mit ihren hochsensiblen Geschmacks- und Tastorganen ein zartes Reiben zwischen den Zähnen.Dr.Klaus Bauer, Landarzt, Aldorf
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