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Die Galeries Lafayette gehen auf den Boulevard

■ Kaufhaus-Chef Patrice Wagner will „Lesbarkeit“ und „Aussage“ seines Sortiments verbessern

Den „Galeries Lafayette“ geht es ein bißchen wie der taz. Über eine geringe Besucherfrequenz kann sich das Kaufhaus ebensowenig beklagen wie die Zeitung über einen Mangel an Lesern. Doch beide haben ein Problem: Das Publikumsinteresse schlägt sich nicht in Verkaufszahlen nieder. Während die taz aber aus ihren Leserzahlen Anzeigenkapital schlagen kann, nützt es den Galeries überhaupt nichts, wenn Tausende von Touristen mit ihren Fettfingern die Glaskuppel betatschen.

Deshalb hat sich der 31jährige Patrice Wagner, schon der dritte Geschäftsführer seit der Eröffnung vor zweieinhalb Jahren, ganz wie in der Medienbranche zum Relaunch entschlossen. „Wir wollen die Lesbarkeit unserer Sortimente vereinfachen“, verriet Wagner bei einem Glas Champagner den Journalisten. Über die an „strategischer Stelle“ plazierte Parfümabteilung sprach er wie über den Aufmacher, nicht ohne die Lektüre sogleich in der neuen Pullover- und Hemdenabteilung fortzusetzen. Bislang war die Herrenbekleidung in den dritten Stock verbannt, jetzt will Wagner dieses „Thema“, das ihm „sehr am Herzen“ liegt, bereits im Erdgeschoß aufgreifen. Zwar schien es zunächst „schwierig, einen Übergang zwischen Strick und Hemden zu finden“, doch mit Cord- und Velourshemden ist dem Kaufhaus-Chef eine elegante Lösung gelungen.

Überhaupt will Wagner seine Kunden künftig nicht mehr überfordern: Auf den „eigens für das Haus entwickelten Warenträgern“ sollen „keine zu breiten Themen“ präsentiert werden. Eine Farbrichtung, eine Marke – das genügt. Dunkle Wandverkleidungen ließ er entfernen, neue Lampen anbringen. „Mehr Helligkeit und Kraft in der Aussage“ erhofft er sich davon. Flankierend sollen Einkaufswege aus blauem italienischem Marmor die Kunden von der Kuppel weg „in die Abteilungen ableiten“, und die Kassen rücken aus dem Abseits mitten in den Weg. „Wir schämen uns jetzt nicht mehr, daß wir Ihnen Geld abnehmen“, frohlockt der Kaufhaus-Chef.

Die gutgehende Lebensmittelabteilung wird erweitert, vor allem um Sitzplätze, denn mit der Gastronomie kann Wagner den Touristen am leichtesten das Geld aus der Tasche ziehen. Die 100 zusätzlichen Sitzplätze gehen zu Lasten der Geschirrabteilung, die hier „Art de la table“ heißt und bei den Umsätzen offensichtlich nicht mithalten kann. „Frau Gäbler wird uns freundlicherweise die Fläche zur Verfügung stellen“, präsentierte Wagner eine gequält lächelnde Abteilungsleiterin.

Anders als die Verkaufsstrategie bleibt die Bilanz bei Lafayette das bestgehütete Geheimnis. Die lange „Anlaufphase“ lasse „keinen Vergleich zu“, heißt es noch immer. Doch die Umsätze, beteuert Wagner, entwickelten sich „stark anziehend“. Ralph Bollmann

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