: Denn a bissel was geht alleweil
■ Bayern entdeckt beim 1:0 in Bremen die Sachlichkeit der Beckenbauer-Jahre wieder
Bremen (taz) – „Schwer“ wär's gewesen. „Unheimlich schwer“, und der Gegner „unheimlich stark“. Deutlich abgekämpft stand Lothar Matthäus am Spielfeldrand im Bremer Weserstadion und suchte nach Erklärungen – nicht etwa für eine Niederlage, ach was, schließlich spielt er für die Bayern. Eher dafür, warum er und seine Kollegen nach den Fußballfesten der vergangenen Wochen nun gegen Werder nur ein Törchen erzielt und alles andere als attraktiven Fußball gespielt hatten. Und er fand dieselbe, die auch sein Trainer hernach kundtat: die beinharte Sonderschicht beim Pokalkick gegen Greuther Fürth, meinte Otmar Hitzfeld, da sei es kein Wunder, daß seine Spieler schwere Beine hätten. Und am Mittwoch kommt Manchester United.
Für einen Sieg gegen Werder hat's immer noch gereicht bei den Münchnern. Wenn der schnelle Kombinationsfußball wegen erwiesener Bleibeinigkeit ausfallen muß, dann zieht sich das Starensemble auf die coole und abgezockte Haltung aus der Beckenbauer-Ära zurück und macht das entscheidende Tor eben erst in der 87. Minute. Macht der Elber halt einen Abstauber, a bissel was geht alleweil – und dieses Bissel reichte alleweil aus, die Werderaner zu besiegen, und das auch noch verdient. Denn so müde die Münchner auch sein mögen, allein der Vorsprung in der Kategorie Grundfertigkeiten macht dann doch den entscheidenden Unterschied aus. Wer das Spielgerät beherrscht, beherrscht den Gegner.
„Ballfertigkeit“, daran habe es seiner Mannschaft gemangelt, jammerte dann auch Werder-Übungsleiter Wolfgang Sidka. Und sowieso sei da eine „Übermannschaft“ zu Gast gewesen. Möglicherweise hat der Mann ja recht. Scheint so, als könnten die Bayern auch noch nach einer durchzechten Nacht und Valium-gedopt auflaufen – für den Rest der Liga langt es allemal, und Trainer Ottmar Hitzfeld bescheinigte den Seinen „Charakter und Willenskraft“.
Allein: Schön ist's dann nicht, was das Publikum zu sehen kriegt. Und man ahnt: Schöner wird's auch nicht mehr. Denn die Zukunft des Fußballs der europäischen Spitzenmannschaften hat schon begonnen. Die Bayern machen's mal wieder vor. Wird's im Spielplan eng, dann müssen eben Kräfte gespart werden, zuvörderst für die Kicks der Kategorie eins, und das sind zweifellos die im Champions- League-Millionenspiel. Die fordern Spielerbeine und –hirne allemal mehr als die eher unattraktiven Gegner im Uefa-Cup. Im krepeligen DFB-Pokal kann dann mal um zwei Gänge zurückgeschaltet werden, und in der Liga reicht im Zweifel die Routine. Nötigenfalls muß halt einer der bankdrückenden Nationalspieler aufs Feld. Wer sind schon Greuther Fürth und Werder Bremen? Am Mittwoch kommt Manchester United!
Ein netter Nebeneffekt der neuen alten Bayern-Sachlichkeit: Manchesters Trainer Alex Ferguson mußte relativ erkenntnislos, nichtdestotrotz aber beeindruckt die Heimreise antreten. Er habe zwar eine „starke Vorstellung“ der Münchner gesehen, aber eben auch „nichts Überraschendes“.
Mitten in der Diskussion um die Europaliga kam allerdings eine deutliche Warnung aus Paris. Sportministerin Marie-George Buffet ärgerte sich, daß es nun allein aus finanziellen Gründen noch mehr Spiele geben soll, wo sie doch nach dem Doping-Skandal bei der Tour de France gerade dabeisei, den Sportkalender auszudünnen, um die Athleten zu schützen. Der menschliche Körper, lehrt uns die Sportmedizin, ist eben eine begrenzte Ressource. Die Münchner Knochen am Samstag zeigten, wie begrenzt. „Schwer“ waren sie, „unheimlich schwer“. Jochen Grabler
FC Bayern München: Kahn – Matthäus – Babbel, Linke – Strunz, Effenberg (89. Kuffour), Jeremies, Lizarazu – Elber, Daei (71. Jancker), Salihamidzic (82. Tarnat)
Zuschauer: 36.000 (ausverkauft)
Tor: 0:1 Elber (87.)
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