: Fluchtursachen müssen bekämpft werden, nicht die Flüchtlinge
■ betr.: „Denkverbot“ (Die reflex hafte Empörung über das österrei chische Migrationspapier nützt nichts), taz vom 5./6. 9. 98
In dem österreichischen Migrationspapier wird hochtrabend von der Harmonisierung europäischer Migrationspolitik gesprochen. Ausdrücklich wird auf die „vorangebrachte“ und umgesetzte Harmonisierung der Visapflicht innerhalb Europas hingewiesen. Anhand dieses Beispiels kann man sehen, was für Auswirkungen diese „Harmonisierung“ mit sich bringt.
Unter Berufung auf genannter Visumspflicht hatte Herr Kanther Anfang letzten Jahres einen Eilerlaß herausgegeben, der besagt, daß alle Kinder bis zum 16. Lebensjahr aus den ehemaligen Anwerbestaaten eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen müssen. Diese Maßnahme bedeutet eine massive Ausgrenzung Hunderttausender Kinder, die zum Teil in diesem Land geboren wurden. Österreich spricht von weiteren notwendigen restriktiven Maßnahmen hinsichtlich der Problematik der illegalen Zuwanderung und verliert kein Wort darüber, warum die illegale Zuwanderung so hoch ausfällt. Das Asylrecht und somit die Möglichkeit, Asyl zu bekommen und legal in einem Land leben zu können, ist weitgehend abgeschafft worden. Das ist die Antwort.
Frau Gaserow ereifert sich über die Reaktion der Grünen und wirft ihnen Betriebsblindheit vor. Es ist Frau Gaserow anscheinend entgangen, daß die Grünen – zumindest in Deutschland – die einzige Partei sind, die sich nachdrücklich um Menschenrechts-, Asyl-, Flüchtlings- und Ausländerpolitik im Sinne der betroffenen Menschen kümmert. Dies ist in der heutigen Zeit dringender denn je. Die Erhaltung der Genfer Konventionen ist unerläßlich. Denn eine Harmonisierung der Migrationspolitik auf europäischer Ebene in der Intention Österreichs heißt nichts anders, als die Zuwanderung zu stoppen, wie auch immer. Das kann nicht sein. Die Fluchtursachen müssen bekämpft werden und nicht die Flüchtlinge. Jeannette Rothenberger,
Stadtbergen
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