piwik no script img

Das Internet als Pranger

■ betr.: „Der Versuch eines Staats streichs“ von Norman Birnbaum, taz vom 25. 9. 98, LeserInnenbriefe zur Clinton-Affäre

Hier kommt meinerseits ein Lob an Euch: Ich finde es völlig okay, daß Ihr so ausführlich über die Clinton-Sex-Diffamierungs- etc.-Geschichte berichtet habt! Schließlich geht es hier nicht um Sensationslust der taz-Leserinnen, sondern darum, auch darüber informiert zu sein, wie, wann, warum, mit welchen Mitteln und mit welchem Erfolg Kenneth Starr seine fundamentalistischen, heuchlerischen und umsturzplanerischen „Ermittlungen“ überhaupt so weit bringen konnte und kann. Besonders aufschlußreich dazu der Meinungs-Artikel von Norman Birnbaum (taz 25. 9. 98), der den angeblichen Sexskandal als Versuch eines Staatsstreichs rechter Fundamentalisten entlarvt! Wer an internationalem gesellschaftspolitischen Geschehen und an Medienpolitik interessiert ist, wird um eine Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht herum kommen, inklusive der dazugehörigen Vorgeschichte(n). Das puritanistische Verhalten einiger BriefeschreiberInnen jedenfalls zeugt nicht gerade von kritischer Hinterleuchtung eines unliebsamen Tabus. Iris Hogreve

Endlich, endlich mal ein Kommentar, der Clintons „Sex-Skandal“ als das beleuchtet, was er ist. Es ist der Feldzug durchgeknallter und gemeingefährlicher religiöser Fanatiker, die meinen, sich im Zeichen des Kreuzes alles erlauben zu können. Hat im Süden der USA, und nicht nur da, ja eine lange Tradition. Nur, warum beteiligt sich die taz erst tagelang an der Hetzjagd, Schlammschlacht, ...um dann, nachdem ihr die Kritik nur so um die Ohren knallt, einen vernünftigen Kommentar zum Thema zu drucken? Chr. Ditsch, Berlin

betr.: „Das Ende einer Tragikomödie“ von Andrei S. Markowits, taz vom 11. 9. 98

[...] Anstatt die Menschen weiterhin mit Political (Sexual) Correctness zu belästigen, sollte die amerikanische Linke endlich im protestantischen Fundamentalismus den kulturellen Feind erkennen, gegen den es die Bürgerrechte zu verteidigen gilt. Denn in dem anstehenden Fall sind sowohl die des Präsidenten als auch die von Monica Lewinsky in einer unglaublichen Form verletzt worden. [...] Die jetzt von einem geifernden protestantischen Fundamentalisten im Auftrag seiner reaktionären Hintermänner lustvoll im Internet plazierten intimen Details beschädigen die Menschenwürde von Präsident Clinton und Monica Lewinsky in eklatanter Weise. Wo bleibt hier der empörte Aufschrei einer aufgeklärt liberalen Linken? Das Internet als Pranger – dies ist ein Rückfall in ganz finstere, vormoderne Zeiten. [...] Friedhelm Grützner, Bremen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen