: Weltweite Enttäuschung an den Börsen
■ Analysten, Händler und Anleger vermissen klare Signale der Zentralbanken nach dem G-7-Treffen. Die asiatischen Finanzmärkte stürzen weiter, die europäischen zeigen sich verunsichert. DIW-Institut forde
Tokio/Frankfurt/Berlin (AFP/ rtr/taz) – Der Kommentar der Financial Times fiel ziemlich lapidar aus: Das Herbsttreffen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen (G 7) am Wochenende in Washington sei „nicht gerade eine Sternstunde der internationalen Wirtschaftsdiplomatie“ gewesen. Die Teilnehmer hatten sich darauf verständigt, daß die globale Finanzkrise das Problem Nummer eins und mit vereinten Anstrengungen zu bekämpfen sei. Über konkrete Maßnahmen waren sie sich jedoch nicht einig geworden.
Entsprechend hielt am Montag auf den Weltbörsen die Verunsicherung der letzten Wochen weiter an – allerdings mit unterschiedlichen Effekten: Die asiatischen Finanzmärkte, für die Experten schon vor dem Ergebnis des G-7-Treffens aufgrund der schlechten Wirtschaftslage ein weiteres Absacken vorausgesagt hatten, erreichten tatsächlich neue Tiefpunkte. In Tokio verlor der Nikkei-Index 2,1 Prozent und fiel erstmals seit 1986 unter die 13.000er-Marke. Analysten rechnen für die nächsten Tage bereits mit einem Nikkei von nur noch 11.200 Punkten. Der Hang-Seng- Index verlor zwischenzeitlich sogar mehr als vier Prozent, was nach Ansicht von Händlern allerdings auch daran lag, daß die Hongkonger Börse wegen Feiertagen seit Mittwoch geschlossen gewesen war und die Einbrüche der internationalen Börsen vom Ende vergangener Woche nachholte.
In Europa dagegen fingen sich die Kurse nach Anfangsverlusten wieder. So fiel der Dax in Frankfurt zunächst auf einen Tiefstwert von 3.892,62 Punkten, um 14 Uhr notierte er aber bereits wieder bei 4.107,94 Punkten. Banker sprachen allerdings von einer „technischen Erholung“, die durch Termingeschäfte und Aufkäufe geprägt sei.
Auch die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre befürchtete weitere Kursverluste und orakelte bereits über einen Dax, „bei dem wir die zwei vorne sehen“. Trotzdem warnte Vorstandsmitglied Anneliese Hieke Anleger davor, ganz aus den Aktien auszusteigen.
„Die fehlenden politischen Signale führen zu einer regelrechten Hysterie“, bestätigte Gustav Horn, Konjunkturexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. „An einem Tag sehen die Anleger die Rezession und verkaufen, am nächsten merken sie, daß es doch noch weitergeht.“ Verantwortlich dafür seien die Zentralbanken, die sich für keine gemeinsame Strategie entscheiden könnten. Wie der designierte Finanzminister Oskar Lafontaine votierte Horn für eine allgemeine Zinssenkung – „als Signal für die Richtung“. bw
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen