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Debatte: Pro & Contra

■ Ist Privatisierung der richtige Weg aus der gegenwärtigen Hochschulmisere?

Pro: In die deutschen Hochschulen – geprägt von Bürokratie, staatlicher Gängelung, von beamtenrechtlichem Versorgungsdenken und ständiger Unterfinanzierung – muß ein unternehmerischer, privatwirtschaftlicher und verantwortungsbewußter Geist hinein. Das durch Appelle, eigene Kraft oder gar durch noch mehr staatliche Eingriffe zu erreichen, ist schwierig und langwierig. Der Ausweg, staatlichen Universitäten durch private zu ersetzen, ist sicher falsch: Dies ist erstens nicht finanzierbar; zweitens entstünde eine absolute Abhängigkeit von (privat-) wirtschaftlichen Interessen; drittens haben solche Institutionen im Vergleich zu anderen kein Renommee; viertens besteht die Gefahr der Konturlosigkeit und des Verlusts positiver deutscher Bildungsideale wie Humanismus und humboldtsches Denken.

Die Lösung kann nur sein: Eine gut durchdachte public-private Partnership, also gemeinsame Entwicklung von attraktiven Bildungsprodukten durch private und öffentliche Institutionen. Das geht aber nur mit engagierten, visionären und tüchtigen Partnern: Zwei lahme Gäule zusammen ergeben noch kein Rennpferd.

Die TU Hamburg-Harburg (TUHH) zusammen mit dem Northern Institute of Technologiy (NITHH) hat es sich zum Ziel gesetzt, eine solche Modellhochschule zu sein, geprägt durch unternehmerischen Geist, der den Sponsor darstellt für Leistungsfähigkeit und –willen der Lehrenden und Studierenden. Am NITHH werden in den nächsten Jahren die ersten ausländischen und deutschen Studierenden ihre Ausbildung beginnen. Das NITHH wird als privatwirtschaftliche GmbH zusammen mit der TU ein intelligant verzahntes Programm von englischsprachigen Master-Studiengängen mit einer fachübergreifenden Zusatzqualifikation anbieten. Die Kosten pro Platz betragen 40.000 Mark jährlich und beinhalten die Unterbringung auf dem Campus; Leben und Lernen an der Uni ist ein wichtiges Merkmal des NITHH. Denn: Ein internationales Bildungsprodukt ist gefordert. Durch die Kombination TUHH/ NITHH wird ein internationales, renommiertes Bildungsprojekt „Made in Germany“ angeboten. Es wird der Mercedes unter den ingenieurwissenschaftlichen Studienangeboten sein. Hauke Trinks

Der Autor ist Präsident der TUHH

Contra: Wie in vielen anderen Bereichen wird Privatisierung auch in der Hochschulpolitik als Allheilmittel gehandelt. Damit belassen es die politischen Verantwortlichen dem Markt, den Reformstau an den Hochschulen zu beheben. Doch die Misere ist hausgemacht: Jahrelang ließ man die Unis vollaufen mit StudentInnen, ohne dem Andrang finanziell und personell gerecht zu werden. Es gab keine Ansätze, die überkommene Feudalstruktur in der akademischen Selbstverwaltung, die vom Machtklüngel verbeamteter Professoren dominiert wird, demokratisch umzugestalten. Im Personalbereich ist die Privatisierung aber nur ein Vorwand, um mit dem Verweis auf finanzielle Sachzwänge Entlassungen und prekäre Arbeitsverhältnisse zu rechtfertigen.

Eine der großen Verheißungen ist die höhere Effizienz der Hochschulen, die durch Privatisierung erreicht werden soll. Genau besehen handelt es sich jedoch um eine rein profitorientierte Effizienz, die den Unis als Ausweg aus der Finanzkrise verkauft wird. Die Personalstruktur wird meist stark hierarchisiert; StudentInnen sollen nur noch als human resources behandelt und die Forschung den Bedürfnissen von Industrie und Wirtschaft angepaßt werden. Daß dies die Qualität des Studiums verbessert, wird zwar immer wieder behauptet, ist aber noch nie bewiesen worden. Bildung und Wissenschaft sind öffentliche Güter. Hochschulen müssen öffentliche Einrichtungen bleiben, damit sie ihre gesellschaftliche Funktion frei von wirtschaftlichen Zwängen erfüllen können. Der Staat darf sich seiner finanziellen Verantwortung nicht entziehen. Eine sachorientierte Effizienz an den Hochschulen kann nur durch eine grundlegende Demokratisierung erreicht werden.

Wer Hochschulen privatisieren will, raubt der Gesellschaft nicht nur Ausbildungs-, Bildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Auch der Raum für gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen mit sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemen ginge verloren. Nur eine gesellschaftliche Öffnung und demokratische Umgestaltung können die Hochschulen aus der selbstverschuldeten Krise führen, alles andere ist billiger, neoliberaler Unsinn. Ulrike Gonzales

Die Autorin ist Vorstandsmitglied des freien Zusammenschlusses von StudentInnenschaften (fzs)

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