: Dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist
■ Ex-Happy-Monday Shaun Ryder kommt clean und religiös mit Black Grape
Wer hätte gedacht, daß Shaun Ryder mal etwas mit Marlon Brando gemeinsam haben würde? Wenn Marlon Brando bei seinem ersten Auftritt in Don Juan DeMarco den sichtbar schlankeren Kollegen auf die Waage schickt, ist dies die gleiche Selbstironie, die Shaun Ryder zu dem Plattentitel It–s Great When You–re Straight... Yeah verleitet. Ryder, der sich alles, einschließlich Crack und Heroin, einverleibte und von seiner Plattenfirma noch zu seligen Happy Mondays-Zeiten mehrfach vergeblich auf Entziehungskur geschickt wurde, inszeniert sich mit seiner neuen Band Black Grape augenzwinkernd als Saubermann.
Und tasächlich grenzt es an eine kleine Auferstehung in den Zeiteinheiten der Musikbranche, daß sich sich Manchesters „biggest bigmouth“ nach knapp drei Jahren wieder zu Wort meldet. In der verstrichenen Zeit hat Ryder offenkundig einiges an spirituellen Erfahrungen aufgesogen. Wie sonst lassen sich Refrains aus der religiösen Lobeshymne „Oh Come On Ye Faithfull“ und dem „Vater Unser“ erklären? Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes geht es, trotz des Schandmauls von Ryder, in den Refrains wie bei einem schwarzen Gottesdienst hoch her. Vielleicht mißversteht der wie immer wunderbar übellaunige Lad aber etwa in Reverend Black Grape das Konzept des schwarzen Predigers gehörig? Jedenfalls lud er sich zwei mäßige Rapper der Ruthless Rap Assassins als Statisten ins Studio. Von den Happy Mondays hat sich lediglich der Zeremonienmeister Bez gehalten, der sich seinerzeit vor allem durch euphorisches Schellenrasseln und verdrehte Augen hervortat.
Schade ist nur, daß Black Grape nach zwei Stücken, die druckvoll den Staub aus den Zimmerecken blasen, schon die Luft ausgeht und sich ein recht uninspirierter Rhythm&Blues einschleicht. Gleichwohl werden wir Ryder mit seiner Mischung aus Einsamkeit, Zynismus und offener Verachtung für das Publikum erneut zu Füßen liegen. Wir freuen uns wirklich, daß er wieder Musik machen kann – kein Scheiß.
Volker Marquardt Di, 24. 10., Große Freiheit, 21 Uhr
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