piwik no script img

Warme Ozeane bedrohen Küsten

■ Britische Forscher errechnen Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter im nächsten Jahrhundert. Von der Antarktis bricht ein riesiger Eisberg mit 2.500 Quadratmeilen Fläche ab

Washington/Berlin (rtr/taz) – Der globale Meeresspiegel steigt nach neuen Studien dramatischer als bisher erwartet. Um bis zu einen Meter könnte sich der durchschnittliche Pegel über die jetzige Wasserlinie durch Erwärmung und Ausdehnung des Wassers erheben. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen, die englische, niederländische und US-amerikanische Forscher des University College in London am Eis der Antarktis unternommen haben.

„Viele Millionen Menschen in der ganzen Welt leben in einer Gegend, die davon betroffen wäre, einschließlich einer halben Million Menschen im Nildelta“, zitiert die Financial Times Duncan Wingham vom University College. Wingham leitete die Untersuchungen der Antarktis, die über europäische Satelliten vorgenommen wurden. Nach diesen Angaben steigen derzeit die Meeresspiegel um etwa zwei Zentimeter in zehn Jahren.

Eine abtauende Antarktis ist nach diesen Berichten allerdings nicht die Hauptursache für den Anstieg der Pegelstände. Bei der Studie zeigte sich, daß der Eispanzer der Antarktis zwar schmilzt, aber relativ stabil ist. Pro Jahr zieht er sich um 100 bis 150 Meter zurück, meldet die Zeitschrift Science. Je nach Rechenmodell gehen die Forscher davon aus, daß die Eisschicht sich zwischen 4.000 und 7.000 Jahren halten wird.

Ganz so stabil ist das Eis in der Antarktis allerdings offenbar nicht. Gestern wurde bekannt, daß sich ein riesiger Eisberg von der Größe des US-Bundesstaates Delaware von 2.570 Quadratmeilen vom Eispanzer gelöst hat. Die Wissenschaftlerin Mary Keller vom Nationalen Eiszentrum der USA sichtete den gewaltigen, A-38 genannten Eisbrocken als erste. Der Abbruch des 147 Kilometer langen und 50 Kilometer breiten Eisberges von der Ronne-Eisplatte in der Antarktis könnte nach Ansicht von Forschern Zeichen einer globalen Klimaerwärmung sein.

Zuletzt war in der südlichen Hemisphäre ein Eisberg ähnlicher Größe 1987 in die Ross-See gestürzt. Doch erst im März 1998 waren etwa 200 Quadratkilometer Eis aus dem Larsen-B-Schelfeis südlich von Feuerland losgebrochen. Der Brocken mit der Fläche der Stadt Hannover galt als Hinweis darauf, daß sich die Spannungen im Eis erhöhen könnten. Auf der antarktischen Halbinsel, die sich als Landzunge Richtung Südamerika ausstreckt, sind die durchschnittlichen Temperaturen in den letzten 40 Jahren um 2,5 Grad Celsius gestiegen. Die Veränderungen in der Antarktis hätten jedoch keinen Einfluß auf das globale Klima, erklärten Forscher damals, es handele sich beim Schmelzen des Larsen-Schelfeises um ein „lokales Phänomen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen