: Macht's gut, Jungs!
■ Die Bremer Lokalmatadore „Queerfish“ spielten im Tower ihr letztes Konzert
Natürlich war es ausverkauft am Freitag. So muß es sein, wenn Lokalmatadore wie „Queerfish“ sich ein letztes Mal die Ehre geben. Zunächst kamen natürlich „Bandit Jazz“ auf die Bühne, lange Jahre die treuen Tourgefährten von „Queerfish“. Und sie waren wieder mal ganz groß. „Queerfish“ fuhren im Anschluß das volle Programm. Nach ausgedehnter Pause liefen sie, in Bademänteln und vom „Rocky-Theme“ begleitet, in die Arena ein. Zuvor ward das Publikum mit kruden Stimmsamples und runtergedrehtem Licht entsprechend heiß gemacht, so daß sofort die Stagediver von den Monitorboxen in die Menge zu purzeln begannen. „Queerfish“ spielten ohne weitere Mätzchen drauflos, nachdem sie zuvor noch die traditionellen Karlsquell-Dosen in den ersten Reihen verteilt hatten – ein altes Punker-Ritual, um die Pöbler in den ersten Reihen ruhigzustellen.
Es wurde getanzt, und verloren geglaubte, glückliche Gesichter tauchten auf. Die Stimmung war eine gute, aber zum Ende wurden die Anwesenden alle gleichzeitig müde. Unauffällig schauten die ersten auf die Uhr, und plötzlich war das Konzert vorbei. Es gab keine Zugaben, aber es wurden auch keine gefordert. Auch die Band hatte keine Lust, das restliche Merchandising zu verbrennen. Während die ersten ihre Kapuzenpullover und die Regenjoppe suchten, fand sich aber überraschend noch DJ Ben mit akustischer Gitarre auf der Bühne ein und intonierte, lässig wie der King mit Haartolle über der Nase, seinen Freunden eine sentimentale Interpretation von „You're always on my mind“. Schön! Eigentlich war Ben für die After Show Party als DJ verpflichtet worden, und er hätte gut daran getan, auch diesen Job zu machen. Vielleicht wären dann noch ein paar Leute geblieben. Aber Abschied feiert man am besten nur im kleinen Kreis.
„Queerfish“ entsprangen einer Zeit, als es schlagartig kein Problem mehr war, eine deutsche Band zu sein. Plötzlich gab es ein deutschsprachiges Ausland mit Punk zu missionieren, aber „Queerfish“ waren keine der pathetischen Bekenner-Bands. Sie rockten einfach nur. Und als die Industrie vor ihrer Tür stand, nahmen sie auch die Erfahrung mit, spielten in der großen Liga, aber scheinbar wurde es ihnen dort dann doch zu langweilig. „Es war niemals glamourös“ meint Drummer Philip Styra. „Niemand hat uns Kokain angeboten oder sowas.“
Fuck Alternative Rock! Richtigen Underground gibt es nur noch im Kaufhaus, und alles andere ist Amateurliga. Die Jungs von „Queerfish“ haben jedenfalls alle weiterhin ein Leben, was für Mitglieder von Rockbands, die viel auf Reisen sind, nicht unbedingt selbstverständlich ist. Tommy Blank
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen