: Unterm Strich
Freuen Sie sich schon? Noch 57 Tage sind's, dann, ja dann... ganz falsch... nichts mit Christkind oder so... Dann ist Weimar Kulturhauptstadt Europas! Yeaaah! Den Countdown annonciert ADN im Rahmen einer „Gemeinschaftsaktion des ADN und der Weimar 1999 – Kulturstadt Europas GmbH“, garniert mit einem Zitat von Nikolai Roshalin (who the fuck ist Nikolai Roshalin...?), Weimar sei „die originellste von allen deutschen Städten“. Hätten Sie's gewußt?
Im nicht ganz so originellen Berlin freut man sich derweil auf die Berlinale (noch 110 Tage, über den Daumen gepeilt, so in dem Dreh...), deren Retrospektive diesmal Otto Preminger gewidmet sein wird. Sie präsentiert das Gesamtwerk des österreichstämmigen Hollywood-Regisseurs mit Filmen wie „Der Mann mit dem goldenen Arm“ von 1955 mit Frank Sinatra und Kim Novak, „Anatomie eines Mordes“ von 1959 mit James Stewart und Lee Remick und „Exodus“ (1960) mit Paul Newman und Eva Marie Saint. Zum großen Teil werden in Berlin von der Stiftung Deutsche Kinemathek neue und restaurierte Filmkopien gezeigt. „Zu entdecken ist das Oeuvre eines Regisseurs, der bisweilen noch heute als Hollywood-Handwerker verkannt wird“, betonen die Filmfestspiele in ihrer Ankündigung. („Zu entdecken ist...“, kommt immer gut!) Zur Retrospektive erscheint auch die erste deutschsprachige Monographie über Preminger.
Auch eine Folge von Naumann? Daß jetzt dpa-Meldungen mit der Überschrift „In Israel ist Fiedeln wieder in: Jiddisches Theater feiert Jubiläum“ von Gabriela Hermer rausgehauen werden? „Tomaten flogen auf die Bühne, das Publikum war empört – damals, als die ersten jiddischen Theaterproduktionen im Palästina in den dreißiger Jahren aufgeführt wurden“, geht es flott szenisch los. Erst 1988, gut 40 Jahre nach der Ausrottung des Großteils der jiddischen Kultur in Europa, kam es dann zur Gründung des ersten jiddischen Theaters in Tel Aviv. Diese Woche feierte es gemeinsam mit renommierten israelischen Schauspielern und Politikern sein zehntes Jubiläum. Das Jiddische Theater hatte es in Israel so schwer, weil es als Ausdruck des provinziellen Diasporajudentums verstanden wurde. Inzwischen erlebt es eine kleine Renaissance. „Gerade junge Israelis interessieren
sich immer mehr für jiddische Kultur. Sie möchten mehr über die Wurzeln ihrer Großeltern erfahren“, so der Chef des Jiddischen Theaters. Doch gleichzeitig sei sein Theater in Europa – vor allem in Deutschland – viel erfolgreicher als in Israel. „Die Deutschen betrachten uns als Teil der Kultur, die ihnen durch eigenes Verschulden verloren ging. Bei unseren Deutschlandtouren sind die Theatersäle restlos ausverkauft.“
Die Berliner Akademie der Künste will ein HAP-Grieshaber-Archiv einrichten. Die Sammlung schriftlicher Originalquellen umfasse etwa 70 Akteneinheiten, teilte die Akademie am Donnerstag in der Bundeshauptstadt mit. Darunter befänden sich unter anderem Korrespondenzen mit den Schriftstellern Peter Härtling und Franz Fühmann. Die Papiere stammen den Angaben zufolge vorwiegend aus den Unterlagen der von Grieshaber gegründeten Bernstein-Schule, dem Nachlaß Achalm sowie der Sammlung einer langjährigen Mitarbeiterin des Grafikers und Malers.
Unser aller neues Lieblingsthema Kulturpolitik: Ohne zusätzliches Geld kann deutsche zeitgenössische Kunst nach Ansicht des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) nicht mehr zufriedenstellend im Ausland gezeigt werden. Jährlich müßten mindestens zwei Millionen Mark mehr für deutsche Kunst in anderen Ländern ausgegeben werden, forderte ifa-Präsident Alois Graf von Waldburg-Zeil am Donnerstag in Stuttgart. Seit 1988 stehen dem ifa nach eigenen Angaben 4,5 Millionen Mark pro Jahr für Ausstellungen zur Verfügung. Von der neuen rot-grünen Bundesregierung forderte Waldburg-Zeil eine Debatte über künftige Inhalte der auswärtigen Kulturpolitik. Die Diskussion der letzten Monate habe sich zu sehr auf die Frage der Schließung von Goethe-Instituten im Ausland konzentriert, jetzt gehe es auch um andere „künftige Inhalte“.
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