: Fröhlich an der Wiege vieler Stile stehen
■ Die Freestylers erteilen im Glashaus Geschichtslektionen in Sachen Old-School-HipHop
Das Haus rocken, hieß es früher, wenn HipHop-DJs auflegten. Das war, lange bevor Puff Daddy sich zum Zwecke der Profitmaximierung mit Uraltrockern verbrüderte. Damals ging es um zwei Plattenspieler, die besten Breaks und einen MC, der für nicht mehr zuständig war, als die Party am Laufen zu halten. Mit Rap, wie wir ihn inzwischen kennen, hatte das nicht viel zu tun.
Nun ist es nicht so, daß die Freestylers versuchten, diese Pinonierzeiten von HipHop exakt nachzustellen, aber Traditionalisten würden sich Matt Cantor und Aston Harvey wohl schimpfen lassen, ohne dabei rot zu werden. Der Verzicht auf ausufernde Raps ist nur die offensichtlichste Reminiszenz, die nächste schon die Beschränkung der Vocals auf die einschlägigen Einheizformeln wie „Shake your body“.
Hier hat kaum ein Text mehr als drei, vier Zeilen, und in denen werden dann vor allem ausführlich die hervorragenden Fähigkeiten der Freestylers gelobt, das Haus in Aufruhr und die Leute auf die Beine zu bringen. Auch haben die Londoner nichts mit modischer Jazz- und Soulseligkeit am Hut, vom aktuellen Rockrecycling wollen sie nichts wissen.
Die Struktur ihrer Breakbeats ist klassisch, auch wenn sie längst schon mit avancierterer Gerätschaft arbeiten. Die Songstruktur, die sich im HipHop längst wieder durchgesetzt hat, sucht man hier fast vergebens, statt dessen ist ihre Nähe zu frühem House und natürlich immer wieder Dub unverkennbar.
Electronica, Disco-Soul und jamaikanisches Toasting haben fröhlich an der Wiege der Breakbeats gestanden. Aber weil die momentan ihre ganz persönlichen Revivals erleben, klingt der im Rahmen dieses Geschichtsprojekts unvermeidliche Rückgriff der Freestylers auf diese Stile fast schon wieder geschmäcklerisch. Ganz eindeutig altmodisch allerdings weitere historische Lektionen wie der ausführliche Einsatz von Scratching.
Für den Live-Auftritt wächst das Studio-Duo auf mehr als zehn Personen Bühnenbesatzung aus Sängern, MCs, DJ und Instrumentalisten an. Mit Breakdancern wird die Einheit des HipHop beschworen, und dann werden die Protagonisten noch von den eigenen MCs als „original gangstas“ gelobt. Nichts könnte falscher sein, wenn man die netten englischen Durchschnittsgesichter von Harvey und Cantor so sieht. Ärger hatten sie trotzdem schon: Oasis haben ein Mini-Sample nicht freigegeben.
Entscheidend aber ist: Modern oder alt, bei den Freestylers dreht sich alles um die ausgelassene Party. Ob sie Schleifbeats wie von den früheren Cypress Hill adaptieren, ob sie ein wenig Reggae spielen oder poppig werden, schlußendlich muß das Haus gerockt werden – eben. to
„Break Fest II“ mit Freestylers, DJ Tanith, e.d. 2000, Wiseguys, DJ Tosh, DJ Delta, HC Bosa, Psynostics, My Ballon am 7.11., 22 Uhr, Glashaus der Arena, Eichenstraße 4, Treptow
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