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Ein Ansammlung von Rassismen –betr.: „Ein total anderer Liebesbegriff“, taz vom 19. 10. 98

[...] Von den heute bereits generell in Verbindung verwendeten Begriffen race, gender und class scheinen die Autorinnen noch nie gehört zu haben. Warum ist denn „der Afrikaner“ so arm, warum findet er (angeblich) ältere Frauen besonders attraktiv, warum ist er fröhlich, locker und sexuell dem weißen Mann überlegen? Das ist doch eine Ansammlung von Rassismus, verbunden mit einer komplett fehlenden Analyse der sozialen (Nicht-)Situation von afrikanischen Migranten in Deutschland.

Diese Frauen kommen nicht durch ihre Beziehung mit schwarzen Männern (und darum geht es hier: der Neger an sich und wie er ist...) mit Rassismus in Berührung, sie haben ihre Köpfe schon vorher voller Vorurteile und Stereotypen gehabt. Das meine ich nicht als Vorwurf. In der bundesdeutschen Gesellschaft ist der Umgang mit Minderheiten wenig selbstverständlich, und das gilt besonders für Schwarzafrikaner.

Denn obwohl in dem Artikel ständig nur von Afrikanern die Rede ist, geht es hier weder um Tunesier oder hellhäutige Ägypter, noch um Angehörige der weißen Minderheit in Südafrika – es geht ausschließlich um Schwarze. Interessant wäre gewesen, genau diese eigenen Vorurteile der Frauen zu untersuchen und kritisch zu bewerten, statt dessen werden sie wiedergekäut, als wären sie empirisch gewonnene, wissenschaftlich abgesicherte Wahrheiten, weil sei aus dem Mund von Lebensgefährtinnen kommen. Nach dem Motto: Ich haben einen jüdischen Freund, und er ist geizig – also was ich jetzt sage, kann nicht anti- semitisch sein, weil ich ja einen jüdischen Freund habe, aber gerade weil ich ihn kenne, weiß ich jetzt, daß Juden geizig sind. [...] Andrea Naica-Loebell, München

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