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Ruth Yaakov Ensemble

Shaatnez – Sephardic Songs of the Balkans (Piranha CD PIR 1255)

Ladino ist die Sprache der sephardischen Juden auf dem Balkan, die 1492 aus Spanien vertrieben wurden. Den Grundstock bildet ein altertümliches Spanisch, angereichert mit Elementen der Sprachen der neuen Umgebung. Eine ähnliche Melange wie die Ladino-Sprache ging auch die Musik der Spaniolen auf dem Balkan ein. Vollgesogen mit den Klängen des Orients, hielten Rembetiko, Zigeunermusik, anatolische Melodien und bulgarische Volkslieder Einzug.

Die Besetzung des Ruth Yaakov Ensembles spiegelt diese Synthese wider. Neben der israelitischen Vokalistin wird die Formation von einem armenischen Saitenmusiker, einem türkischen Handtrommler und einem albanischen Violinisten gebildet. Das Quartett läßt in virtuoser Manier vergessene Lieder wieder aufleben, wobei mit viel Gespür für die vielfältigen kulturellen Verästelungen und Schichtungen vorgegangen wird. Ob ein Lied türkischen, bulgarischen oder altspanischen Ursprungs ist, kann für die Art der Interpretation entscheidend sein. Yaakov setzt ihre Stimme direkt und ungekünstelt ein, sie klingt voll wie der Gesang der Frauen bei der Haus- und Feldarbeit. Manchmal verleiht sie ihr eine nasale Färbung, um Melodien melismatisch auszuschmücken. Die Begleitinstrumente folgen der homophonen Grundlinie, umspielen die Töne, fügen Verzierungen hinzu und spinnen den Faden improvisatorisch weiter.

„Wenn jemand die Donau hinauf nach Wien fuhr, sagte man, er fährt nach Europa“, schreibt Elias Canetti, der aus einer Spaniolenfamilie aus Bulgarien stammt. Wenn man Ruth Yaakov hört, versteht man, was er meint.

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