: Wenn der Jahreswagen plötzlich teurer wird
■ Geheimwissen Steuerreform: Was bedeutet die vorläufige rot-grüne Streichliste? Die kleine taz-Steuerhilfe klärt auf. Heute Teil 3: Vergünstigungen für Arbeitnehmer und Vermögende
Sie ärgern sich, daß Sie beim Thema Steuerreform im Freundeskreis nicht mitreden können, weil Sie zum Beispiel nicht wissen, was der „Wertabschlag bei Arbeitnehmerrabatten“ ist? Kein Problem, in loser Folge erklärt die taz jene Steuervergünstigungen, die im Zuge der Steuerreform abgeschafft werden sollen, um die Entlastung durch die niedrigeren Steuersätze zu finanzieren. Bisher ist diese Streichliste allerdings nur ein vorläufiger Entwurf. Heute geht es um Vergünstigungen für Arbeitnehmer und Vermögende.
Einen der größten Brocken für die sogenannte Neue Mitte stellt die Halbierung des Sparerfreibetrages dar. Bisher müssen Zinseinkünfte bis zu einer Höhe von 6.000 Mark (Verheiratete 12.000 Mark) nicht versteuert werden. Ab dem Jahr 2000 soll jedoch nur noch eine Freibetragsgrenze von 3.000 Mark (Verheiratete: 6.000 Mark) gelten. Beispiel: Eine Bankkundin besitzt Wertpapiere im Wert von 150.000 Mark, die jährlich vier Prozent Zinsen, also 6.000 Mark erbringen. Bisher war dieser Betrag steuerfrei. Künftig muß sie jedoch 3.000 Mark Zinserträge versteuern, bei einem – günstigen – durchschnittlichen Steuersatz von 25 Prozent wären demnach 750 Mark mehr an jährlichen Steuern fällig. Im Entstehungsjahr, das heißt im Jahr 2000, soll diese Neuregelung knapp 2,8 Milliarden Mark mehr in die öffentlichen Kassen spülen. Auch der Wertabschlag bei Arbeitnehmerrabatten, also die steu„erlichen Freibeträge auf Rabatte, soll halbiert werden. Beispiel: Wer in einem Automobilkonzern arbeitet, hat jedes Jahr das Recht, zu einem günstigen Preis von der Firma einen Neuwagen zu erwerben. Für VW-Mitarbeiter beispielsweise kostet der neue VW-Passat nur 31.000 Mark, das sind 16 Prozent weniger als Normalkäufer dafür zahlen. Nach einem Jahr verkauft, ergibt dieser Jahreswagen auf dem Gebrauchtwagenmarkt dann noch einen guten Preis, ein einträgliches Geschäft für die Konzern-Angehörigen. Bisher sind 2.400 Mark des Firmenrabattes steuerfrei, künftig soll nur noch ein Freibetrag von 1.200 Mark gelten. Bei einem Steuersatz von 25 Prozent wären also 300 Mark mehr an Steuern zu berappen. Diese Neuregelung soll im Entstehungsjahr 100 Millionen Mark in die Bundeshaushaltskassen schaufeln.
Eine Milliarde Mark möchte der Bundesfinanzminister im ersten Jahr einnehmen, wenn Aktienfonds in den Kapitalertragssteuerbezug mit hereingenommen werden. Im Klartext bedeutet dies, daß die Ausschüttungen von Dividenden durch Investmentfonds ebenso besteuert werden wie die Zinserträge eines Sparbuches: durch die Kapitalertragssteuer, die von der Bank direkt einbehalten wird. Bisher sind Dividenden zwar einkommensteuerpflichtig, diese Steuer aber muß der Investmentfondsbesitzer selbst abführen. Was oft genug nicht passiert.
Außerdem soll die Spekulationsfrist für Veräußerungsgewinne bei privaten Wertpapieren von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert werden. Beispiel: Ein Bankkunde kauft aufstrebende Aktien im Wert von 10.000 Mark eines Internet-Buchvertriebs. Nach einem halben Jahr sind die Aktien 12.000 Mark wert, der Kunde verkauft. Bisher mußten die 2.000 Mark Gewinn nicht versteuert werden, künftig jedoch wäre auf die 2.000 Mark Gewinn Einkommenssteuer fällig. Erst wenn die Aktien nach mehr als einem Jahr verscherbelt werden, ist der Gewinn steuerfrei. Im Entstehungsjahr soll diese erweiterte Spekulationsfrist 30 Millionen Mark mehr in die Kassen des Bundesfinanzministers bringen. Barbara Dribbusch
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