Auf du und du mit der Kontaktanzeige: Weser-Sex-Report
■ Prostituierte zahlen beim Bremer Anzeigenblatt immer noch kräftig drauf
Linda hat eine sexy Figur, eine große Oberweite, macht's französisch, kennt die Stellung 69 und hat immer viel Zeit. Damit ähnelt sie Louisa aus Kanada, die ebenfalls supersexy ist. Auch sie beherrscht die 69 und den französischen Freistil. Und noch etwas haben Louisa und Linda, Suzan und die rassige Strapsmaus gemeinsam: Wie vor zehn Jahren (vgl. Rubrik links), blechen die Frauen bei ihren Anzeigen im Weser Report (WR) auch heute noch gewaltig drauf. Wie vor zehn Jahren gilt beim Herausgeber Klaus-Peter Schulenberg (KPS) offenbar noch immer das alte Motto frei nach Brecht: Erst kommt das Kassieren und dann die Moral.
Kostet doch eine Privatanzeige in dem ehemaligen CDU-Kampfblatt zur Zeit zehn Mark für drei Zeilen. Für jede zusätzliche Zeile müssen drei Mark berappt werden. Bei einer gewerblichen Anzeige kostet die Zeile schon 8,12 Mark. Doch wer nun glaubt, daß das älteste Gewerbe der Welt darunter fällt, hat sich getäuscht. „Wenn es sich um richtig Professionelle handelt, kostet eine Anzeige 100 Mark für zwei Zeilen. Jede weitere kostet dann noch einmal 50 Mark“, teilt eine WR-Mitarbeiterin mit. Eine gestaltete Anzeige in Paßfotogröße reicht an 500 Mark heran. Damit hat sich der Unterschied zwischen Privat- und Profi-Kontakt-Anzeige inzwischen verfünfzehnfacht.
Bei anderen Blättern oder Magazinen in Bremen wird ein solcher Unterschied übrigens nicht gemacht. Beim Prinz wird nur nach Privat und Gewerblich unterteilt. Mix und Bremer veröffentlichen keine Profi-Kontaktanzeigen im Fließtext. Den Einnahmen von gestalteten „Porno-Stoppern“ will sich die Stadtillustrierte aber auch nicht verschließen. Soviel zur allgemeinen und finanziellen Moral.
Zur Doppelmoral läßt sich nur sagen, daß dort entsprechend auch doppelt abkassiert wird von der WR-KPS-Verquickung – zumindest bei den 0190-Nummern. Einige davon – mit teuren Anzeigen im WR – laufen über das KPS-Call-Center in Hamburg. Im Gegensatz zum frei Haus verteilten WR kostet dabei die Minute jedoch 1,21 Mark. Eine Stellungnahme dazu war gestern von KPS übrigens nicht zu erhalten. Jeti
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