Späte Quittung fürs Schummeln

■ Kommunalwahl in Norden: SPD verliert nach Manipulation

Die wegen Wahlmanipulation wiederholten Kommunalwahlen in Norden (Ostfriesland) haben am Sonntag die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat gekippt. Bei der umstrittenen Wahl von 1996 hatte die SPD noch die absolute Mehrheit mit 18 von 35 Sitzen im Stadtparlament gewonnen, diesmal waren es nur noch 16 Sitze. Die ehemaligen Oppositionsparteien F.D.P., CDU, Grüne und „Zukunftsorientierte Bürger Nordens“ (ZoB) können nun mit einem 3-Sitze Vorsprung die Stadtgeschäfte führen.

Profitiert hat von der Neuwahl zur Hälfte der Legislaturperiode vor allem die Wählergemeinschaft ZoB, die mit sieben Mandaten drei dazu gewann. Die CDU, die im Wahlkampf an die Ungereimtheiten der Wahl vom 15. September 1996 erinnert hatte, verlor eine Stimme und hat nun ebenfalls sieben Abgeordnete im Stadtrat. Die Grünen blieben konstant bei vier Mandaten, die F.D.P. bei einem.

„Ich bin froh, daß die SPD einen Denkzettel bekommen hat“, sagte der bündnisgrüne Spitzenkandidat Gerd Campen. Genau wie Campen glaubt auch ZoB-Stadtrat Matthias Fuchs, daß die nachgewiesenen Manipulationen „sicherlich großen Einfluß auf das Ergebnis der SPD“ gehabt haben. Noch-SPD-Bürgermeister Fritz Fuchs hingegen sucht nach Erklärungen für die Wahlschlappe: „Woran es lag, kann man nicht klar greifen.“

1996 hatten die SPD-KandidatInnen Roswitha Büscher und Randolf Weber einen ungewöhnlich hohen Anteil von Briefwahl-Stimmen bekommen – bei Büscher waren es 639 von 734 Stimmen, bei Weber 239 von 347. Die Opposition witterte Verdacht und legte Widerspruch gegen die Wahl ein. Die vielen Briefwähler entpuppten sich als Rußlanddeutsche, die an der Volkshochschule Deutschkurse belegten – dort wurden sie von Büscher betreut. 42 rußlanddeutsche Briefwähler gaben später an, die Kreuze auf ihren Stimmzetteln nicht selber gemacht zu haben, 20 Personen erkannten ihre Unterschriften unter den entsprechenden Wahlscheinen nicht wieder.

Die SPD-Ratsmehrheit erklärte die Wahl dennoch für gültig – mögliche Unregelmäßigkeiten hätten keine Auswirkung auf das Endergebnis gehabt. Büscher und Weber nahmen ihre Mandate nicht an. Die Angelegenheit ging vor Gericht. Im Juli 1998 entschied das Oberverwaltungsgericht Oldenburg, daß die Wahlen wiederholt werden müßten. Die beiden SPDlerinnen wurden vor einem Strafgericht freigesprochen – eine direkte Beteiligung konnte ihnen nicht nachgewiesen werden. Christoph Dowe