: Nur noch städtische Ständer
■ Fahrradparkplätze dürfen in Bremen nicht mehr privat finanziert werden / Gericht: Parkplätze sind die Angelegenheit der Stadt / Erster Ständer wird jetzt abgebaut
Den langersehnten Fahrrad-Parkplatz, den das Schnürschuh-Theater vor seine Spielstätte bauen lassen will, können sich die Theatermacher seit gestern abschminken. Ebenso ergeht es mindestens 30 Privatpersonen, die die Umwidmung von Auto- zu Fahrrad-Parkplätzen vor ihren Häusern beantragt hatten. Das Oberverwaltungsgericht entschied erstmals, daß ein Fahrradparkplatz in der Schwachhauser Heinrich-Heine Straße wieder abgebaut werden muß. Ist das das Ende der ökolgischen Idee, die seit 1991 in Bremen rund 90 privatfinanzierte Fahrradparkplätze auf öffentlichem Boden hervorbrachte?
Das Urteil ist eine herbe Schlappe für den Allgemeinen Deutschen Fahhrad Club (ADFC), der seit langem für fahrradgerechtere Straßen und Parkplätze kämpft. Denn neue privatfinanzierte Fahrradständer wird es nach dem Gerichtsurteil nicht mehr geben. „Ich bin entsetzt über das Urteil“, sagt ADFC-Geschäftsführer Klaus Peter Land. „Der Bedarf nach solchen Plätzen ist vorhanden, und bewährt hat sich die Idee auch.“ Doch nun urteilte das Gericht: Privatleute haben bei der Straßenplanung nicht mitzureden, Parkplätze sind städtische Angelegenheit.
Aus Geldmangel hatte sich die Stadt Anfang der 90er dazu durchgerungen, Privatleuten den Bau von Fahrradplätzen vor dem Haus zu erlauben. Angenommen wurde das Angebot vor allem in Gegenden, wo ohnehin enge Bürgersteige durch Fahrräder gänzlich zugeparkt werden – in Findorff, in der Neustadt und im Viertel. Der Bedarf mußte begründet werden, die Ständer für alle Straßenbewohner nutzbar sein.
Nach dem Urteil könnten Anwohner zudem verstärkt auf die Idee kommen, vor Gericht den Abriß bereits existierender Metallständer zu erkämpfen. Denn oft ist die Konkurrenz zwischen Zwei- und Vierrad Grund genug für ausgeprägten Nachbarschaftszwist. Voraussetzung für eine erfolgversprechende Klage: Die Ständer werden nicht benutzt. Im Musterprozeß vor dem Oberverwaltungsgericht wurde mit Fotos und Videoaufnahmen dieser Beweis geführt.
Bezahlt worden war der für die gesamte Straße nutzbare Ständer von einer Hausgemeinschaft, denen die Fahrräder im Vorgarten über den Kopf gewachsen waren. In einem Vertrag mit der Stadt wurde wie in den anderen 90 Fällen festgelegt, daß die Ständer mitnichten als Privatparkplätze zu sehen sind. Genau diese Vertragsregelung zwischen Mensch und Stadt wurde jetzt vom Gericht grundsätzlich als nicht rechtmäßig eingestuft.
Sogar auf Fördermittel konnten Pedaltreter hoffen, die den Autos einen Stellplatz vor der eigenen Haustür abknapsten. Rund 120 Mark kostet der Bügel für ein Rad. Zusammen mit dem grünennahen „Ökofonds“ und der Zeitschrift „Mix“ bezuschußte die StattAuto-Initiative die Metallständer. 20.000 Mark liegen dafür auf einem Konto – aber abgefragt wird seit einem Jahr kein Geld mehr. Denn das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) hat Neuanträge schlicht nicht bearbeitet. „Personalmangel“, lautete die offizielle Erklärung.
„Meiner Meinung nach ist das Projekt aber unter Bausenator Bernt Schulte einfach nicht mehr gewollt worden“, sagt StattAuto-Vorstand Frank Osterloh. Intern, so sei zu hören gewesen, habe man im Amt auf das Gerichtsurteil gewartet. Jetzt müssen alle offenen Anträge neu verhandelt werden – die Akten gehen an die zuständigen Ortsämter. Privates Geld darf jetzt nicht mehr für die Drechselarbeiten benutzt werden. Wo jetzt noch ein Ständer aufgestellt wird, muß das Bauressort finanzieren.
Christoph Dowe
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