Gescheiterte Reise

■ Theater im Zimmer nicht „Am Ziel“

Nebenan kramte einer in seinen Taschen, in der Vorreihe klingelte nach einer Stunde ein Wecker, und schräg daneben schlief bis zu diesem Zeitpunkt eine Abonnentin. Ein Publikum, wie es sich Thomas Bernhard gewünscht hätte, wenn er sich Publikum gewünscht hätte, fand sich am Donnerstag im Theater im Zimmer ein.

Auf der Bühne hatte Am Ziel Premiere: ein großartiger, beinahe monologisierender Text von Bernhard, der seinen Charakteren gern bis auf die schwitzenden Poren nahe rückt. Eine gute Stunde lang packt das Töchterlein schweigend den Koffer mit vielen, vielen Mänteln und Kleidern für die Reise ans Meer. Währenddessen überschüttet die Mutter sie monomanisch von ihrem Sessel aus mit ihren alles verachtenden sarkastischen Lebenserfahrungen. Auf die Reise ans Meer haben beide einen jungen erfolgreichen dramatischen Schriftsteller eingeladen. Erwartungsvoll sehen sie dem Gast entgegen: die Tochter mit bewundernder Ehrfurcht, die Mutter eher mit eifersüchtiger Skepsis. Im Haus am Meer angekommen werden die Mäntel wieder ausgepackt, und die Hoffnung, der junge Künstler könne der alten Mutter Einhalt gebieten, zerrinnt zusehends.

Gleichzeitig zunehmend nervös und unwillig wurde das Publikum. Statt auf ein lustvoll um sich keifendes, lebendig aus dem Bauch agierendes Original zu setzen, hat die Inszenierung (Christoph Roethel) das Psychodrama einer verhärteten alten Frau gewählt. Die legte dann – neben Tochter und Gast – auch die Spannung des Textes lahm.

Elsa Freese