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Wechsel '98

Bundeskanzler Gerhard Schröder will den Aachener Hochschulprofessor Klaus Gretschmann zum persönlichen Beauftragten für die G-7-Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs machen. Damit wird dieser „Sherpa“-Posten erstmals seit 20 Jahren nicht von einem für internationale Fragen zuständigen Staatssekretär aus dem Bundesfinanzministerium besetzt. Darauf habe sich Schröder mit Finanzminister Oskar Lafontaine verständigt, teilte ein Regierungssprecher mit. dpa

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Über die deutsche Einwanderungspolitik ist Streit zwischen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen), ausgebrochen. Schily hatte dem Berliner Tagesspiegel gesagt, die Bundesrepublik verkrafte keine weitere Zuwanderung von Ausländern. „Die Grenze der Belastbarkeit ist überschritten“, erklärte Schily. Ein Einwanderungsgesetz würde an dieser Situation nichts ändern, da die Zuwanderungsquote dann „auf Null“ gesetzt werden müßte. Beck erklärte daraufhin, als Industrieland in der Mitte Europas werde die Bundesrepublik auch in Zukunft nicht auf Einwanderung verzichten können. Sie rief dazu auf, die Diskussion um die Zuwanderung zu versachlichen. rtr

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Der neue Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hat mit Äußerungen zur Reform des Sozialstaates gewerkschaftlichen Unmut auf sich gezogen. Die IG Medien warf Müller am Samstag „neoliberale Rhetorik“ und Realitätsblindheit vor und warnte vor einer Konfrontation zwischen Gewerkschaften und Bundesregierung. Müllers Behauptung, die Bevölkerung in Deutschland habe sich „jahrzehntelang an eine fatale Vollkasko-Mentalität gewöhnt“ und wolle keine privaten Risiken mehr tragen, sei „zumindest etwas zu pauschal“, erklärte der Pressesprecher der Gewerkschaft, Hermann Zoller. AFP

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Kleinkriminalität soll nach den Plänen der Bundesregierung künftig vermehrt mit Reiseverbot und gemeinnütziger Arbeit bestraft werden statt mit Haft und Geldbuße. Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sagte der Bild am Sonntag: „Unsere Richter brauchen einfach eine größere Auswahl an sinnvollen Strafen, um im konkreten Einzelfall die beste auswählen zu können.“ Polizei und CSU signalisierten Unterstützung. AP

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Die CSU greift immer massiver in die CDU-interne Debatte über eine Neuausrichtung in der Opposition ein. Der künftige CSU- Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber verlangte von der Schwesterpartei mehr Bürgernähe und schärferes Profil. Der Bonner CSU- Landesgruppenchef Michael Glos pochte auf frühzeitige Absprachen, um unionsinternen Streit zu vermeiden. Stoiber kritisierte auch Überlegungen zu schwarz-grünen Koalitionen auf Länderebene: „Die CDU hat jahrelang vom rot-grünen Chaos gesprochen. Eine Diskussion ohne Aufarbeitung dieser Fragen verstehen die Menschen nicht.“ Glos, Stoiber-Kritiker, gab sich dagegen aufgeschlossen: Grundsätzlich stimme er solchen Überlegungen zu. dpa

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