piwik no script img

Flaschenwürfe aus Treffpunkt der rechten Szene

■ Über 1.500 Menschen prostestierten gegen Café Germania. Rechte warfen Flaschen auf Demonstranten. BVG erneuerte Gedenktafel für Silvio Meier im U-Bahnhof Samariterstraße

Am Ende war die Stimmung aufgeheizt, trotz der eisigen Temperaturen. „Kommt doch raus“, forderten Teilnehmer der „Silvio- Meier-Demonstration“ am Samstag die rund 50 Rechtsextremisten auf, die sich im „Café Germania“ in der Lichtenberger Normannenstraße versammelt hatten. Eine Empfehlung, der die jungen, kurzgeschorenen Männer trotz ihrer drohenden Gebärden durch die Plexiglasscheiben dann lieber doch nicht nachkamen.

Zuvor waren mehr als 1.500 Menschen friedlich für die Schließung der rechtsextremen Wärmestube in Lichtenberg auf die Straße gegangen. Mit dem Gedenken an den 1992 von rechten Jugendlichen erstochenen Hausbesetzer Silvio Meier sollte der Protest gegen das von dem NPD-Mitglied Udo Voigt betriebene Café Germania verbunden werden.

Die Situation drohte zu eskalieren, als der Zug die Normannenstraße erreichte. Rechstradikale hatten sich dort in der Kneipe „Normannenhütte“ versammelt, „wegen Überfüllung des Café Germania“, wie ein Gegendemonstrant mitteilte. Von dort warfen sie mit Altglas auf den Protestzug – über die Köpfe der Polizisten hinweg, die sich vor der Gaststätte postiert hatten, jedoch nicht eingriffen. Schließlich warfen auch einige Demonstranten Steine auf die Fassade. Die Veranstalter berichteten von zwei Schwerverletzten. Sie erstatteten Anzeige wegen schwerer Körperverletzung. Ein Polizeisprecher sagte, vier Personen seien „im Zusammenhang mit der unfriedlichen Aktion“ festgenommen worden. Ob es sich um Angehörige des rechten oder linken Spektrums handelte, blieb unklar.

Neu war das für Berliner Verhältnisse zurückhaltende Auftreten der Polizei. Penible Leibesvisitationen bleiben ebenso aus wie das bisher obligatorische Polizeispalier am Rand des Demonstrationszugs. Eine Innovation, die bei den überwiegend jugendlichen Demonstranten für Verwunderung sorgte. „Ich fühl' mich etwas fremd“, stellte ein siebzehnjähriger Schüler verblüfft fest.

Zu dem Protestumzug hatten 13 Antifa-Gruppen sowie die Initiative gegen Rechtsextremismus in Lichtenberg aufgerufen. Diese hatte zuletzt mit einer auch vom Lichtenberger Bürgermeister Wolfram Friedersdorf (PDS) unterstützten Informationsveranstaltung gegen das rechte Café mobil gemacht.

Vor der rund zweistündigen Demonstration hatten rund 150 Menschen im U-Bahnhof Samariterstraße mit einer Mahnwache des vor sechs Jahren in dem U-Bahnhof von Rechtsradikalen erstochenen Silvio Meier gedacht. Eine dort angebrachte Gedenktafel war vor mehreren Wochen spurlos verschwunden. Am Freitag war sie von Mitarbeitern der BVG wieder erneuert worden. Nach Angaben einer BVG-Sprecherin handelt es sich um eine Neuanfertigung, die in Absprache mit Freunden des Erstochenen aufgehängt wurde. taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen