: Scientology verliert an Macht
Innenbehörde: Einfluß der Organisation sinkt. Weniger Mitglieder, Durchsuchungsbeschluß für Haus am Steindamm ■ Von Judith Weber
Schmalere Mieteinnahmen, weniger Mitglieder und der Gerichtsvollzieher vor der Tür: Einfluß und Macht von Scientology sind in Hamburg stark gesungen, freute sich gestern Ursula Caberta, Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology in der Innenbehörde. „Der Organisation geht es nicht mehr so gut wie Anfang der 90er Jahre.“
Damals sei die Einheit Norddeutschland, zu der auch die Hansestadt gehöre, eine der schlagkräftigsten gewesen. „Das ist nun vorbei.“ Vor allem die sinkenden Einnahmen aus Miet- und Immobiliengeschäften haben die Organisation Cabertas Ansicht nach geschwächt.
„Auf dem Wohnungsmarkt ist es ruhig geworden um Scientology“, bestätigte gestern auch Christine Kiene vom Verein „Mieter helfen Mietern“. Das läge vor allem daran, daß die Welle der Umwandlungen von Miet- und Eigentumswohnungen Vergangenheit sei. Vor einigen Jahren, so Caberta, hätten Mietervereine noch geschätzt, daß die Organisation an einem Drittel dieser Geschäfte beteiligt war.
Mittlerweile „hat die Aufklärungsarbeit jedoch gefruchtet“, lobte sie sich und ihre MitarbeiterInnen. Die Anwerbung neuer Mitglieder sei schwieriger geworden; „das Image von Scientology ist deutlich schlechter als noch vor einigen Jahren.“ In Deutschland „ist Scientology ein ganz normales politisches Thema geworden“. Caberta schätzt, daß bundesweit bis zu 15.000 Menschen der Organisation angehören; in Hamburg gäbe es etwa 1500 aktive Mitglieder.
Den Scientologen in der Hansestadt droht in Kürze offenbar eine Hausdurchsuchung: Weil sie einen Gerichtsvollzieher, der Geld pfänden wollte, nicht in ihr Gebäude ließen, habe das Amtsgericht der Hansestadt einen entsprechenden Beschluß gefaßt, sagte Caberta.
Sie hofft ohnehin, daß das Haus am Steindamm bald nicht mehr für Scientology nutzbar ist. Der jetzige Besitzer des Grundstücks wolle es verkaufen; ein interessierter Investor habe bereits angekündigt, er wolle das Gebäude abreißen lassen.
Trotz all dieser guten Nachrichten mochte die Behörden-MitarbeiterIn keine Entwarung geben: „Es kommt nicht auf die absolute Mitgliederzahl an. Ein paar hundert Aktive an den richtigen Stellen reichen aus, um das menschenverachtende Gedankengut der Organisation weiterzutragen.“
Ähnlich denken offenbar die InnenministerInnen aller Bundesländer. Sie beschlossen bei ihrer Konferenz am vergangenen Freitag, Scientology weiter vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Um die HamburgerInnen noch stärker aufzuklären, hat die hansestädtische Innenbehörde die dritte Auflage einer Info-Broschüre herausgegeben, gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung. „Scientology – Irrgarten der Illusionen“ ist zu bestellen unter Tel.: 32 86-49 90.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen