■ Die Anderen: "Iswestija" aus Moskau zur G. Starowojtowa / "Moskowskije Nowosti" aus Moskau zu Jelzin u. Rußland / die span. Zeitung "El pais" zum Eisenbahnerstreik / die ital. Zeitung "Il messaggero" zur Haltung Bonns im Fall Öcalan
Die russische Tageszeitung „Iswestija“ zur Ermordung der Reformpolitikerin Galina Starowojtowa: Der Mord am Galina Starowojtowa hat gezeigt: Das Böse fürchtet sich in Rußland vor nichts, es ist überzeugt, daß es in jedem Fall unbestraft bleibt. Das bedeutet, daß es in Rußland heute keinen Staat gibt. Er ist tot. Wir haben den Staat des „entwickelten Sozialismus“, einen Staat der Lüge und der Angst, zerstört. Wir haben es aber nicht geschafft, an dessen Stelle einen Rechtsstaat zu errichten.
Die russische Tageszeitung „Moskowskije Nowosti“ schreibt zu Jelzin und zur Zukunft Rußlands: Wenn aber das Schlimmste geschieht und vorgezogene Wahlen notwendig werden? Auch dann ist eine politische Katastrophe vermeidbar. Das Land hat einen Regierungschef Primakow, der ohne weiteres imstande ist, es zur Neuwahl eines Präsidenten zu führen, die laut Verfassung drei Monate später stattfindet. Es gibt also eine Stabilitätsreserve. Das sollten wir verstehen und nicht in Panik geraten. Das Land wird sich beruhigen, sobald sich seine Bürger beruhigt haben. Und dann wird die Lungenentzündung des Präsidenten nur ein trauriges Blatt in seiner Krankengeschichte sein. Und nicht in der Geschichte des Landes.
Zum Streik der Eisenbahner in mehreren europäischen Staaten meint die spanische Zeitung „El Pais“: Der Streik der Eisenbahner verursachte für Millionen Reisende Verspätungen und Ärgernisse. Die Gewerkschaften wollten damit gegen die geplante Liberalisierungspolitik der EU-Kommission protestieren. Es ist aber unklar, ob die EU-Pläne eine so radikale Antwort verdienten. Die Gewerkschaften klagen, daß Arbeitsplätze verloren gehen. Aber sie sagen nicht, daß unzählige Jobs in den staatlichen Bahnbetrieben abgebaut wurden. Die Bahn ist auf Dauer nur überlebensfähig, wenn sie sich der Konkurrenz stellt. Ihr Problem liegt darin, daß sie sich aufs Abstellgleis manövriert hat und es ihr an Rentabilität mangelt.
Zur Haltung Bonns im Fall Abdullah Öcalan meint die liberale italienische Zeitung „Il Messaggero“: Die Verblüffung über das Verhalten der Regierung in Bonn scheint nicht abwegig zu sein. Während die einen nur verwirrt sind, meinen andere, dahinter stecke das klare Kalkül, die Türken mit dem Haftbefehl zufriedenzustellen, und die Kurden, indem auf ein Auslieferungsgesuch verzichtet wird. Sollte bis zum 23. Dezember aus Bonn kein Antrag auf Auslieferung eintreffen, wird allen klar sein, daß sich die italienische Regierung vorbildlich verhalten hat. Und daß nun ausgerechnet die Deutschen die schlauen Füchse waren, die in der Verschlagenheit eine der schlechtesten Angewohnheiten der Italiener ausgemacht haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen