■ Neues Zwischenlager am AKW Lingen
: Betreiber schwenkt auf rot-grüne Vorgaben ein

Hannover (taz) – Als erstes deutsches AKW soll jetzt der Atommeiler in Lingen möglichst schnell ein Castor-Zwischenlager direkt am Kraftwerk erhalten. Das habe die Betreibergesellschaft Kernkraftwerke Lippe- Ems GmbH (KLE) bereits den zuständigen Fachleuten im niedersächsischen Umweltministerium und auch schon Lingener Kommunalpolitikern vorgestellt, teilte Umweltminister Wolfgang Jüttner gestern mit. Der SPD-Politiker versprach, das atomrechtliche Genehmigungsverfahren für das Zwischenlager zügig abzuwickeln. Bereits in zwei bis drei Jahren solle das Zwischenlager in Betrieb gehen.

Die Lagerung der abgebrannten Brennelemente in einer Castor-Halle direkt am Kraftwerk entspricht dem neuen Entsorgungskonzept der rot-grünen Bundesregierung. Um unnötige Atomtransporte zu vermeiden, sollen demnach die Brennelemente am Kraftwerksstandort so lange abkühlen, bis nach ein paar Jahrzehnten die Radioaktivität genügend nachgelassen hat, daß man sie direkt in ein Atommüllendlager bringen kann. Bald solle es vom AKW Lingen keine Transporte zur Wiederaufarbeitung oder zu externen Zwischenlagern wie Gorleben mehr geben, sagte Jüttner.

Skeptisch macht allerdings die Dimension der geplanten Halle. Etwa 120 Castor-Behälter sollen am AKW Lingen Platz haben. Laut Umweltministerium können darin gut 2.000 abgebrannte Brennelemente gelagert werden. Mit dieser Lagerkapazität kann das Atomkraftwerk noch rund 35 Jahre weiterbetrieben werden, ohne daß Atommüll von Lingen abtransportiert werden muß. Das AKW Lingen ist im April 1988 erstmals ans Netz gegangen. Das erste Zwischenlager am AKW- Standort wird also für eine Gesamtbetriebsdauer von 45 Jahren geplant.

Umweltminister Wolfgang Jüttner erklärte dazu, die beantragte Lagerkapazität lasse keine Rückschlüsse auf Kompromisse über Restlaufzeiten in den Energiekonsensgesprächen zu. Eigentümer der KLE sind zu 75 Prozent die VEW und zu je 12,5 Prozent RWE und PreussenElektra, die das Zwischenlager am AKW Lingen offenbar als Test des rot- grünen Entsorgungskonzepts betrachten. Jürgen Voges