: Texanische Wüste in Jena
■ TexMex-Ironiker „Los Banditos“ am Montag im Römer
Da die jenesische Räuberbande zufällig keine SängerIn gefunden hat, muß sie zwangsläufig der hehren Kunst des Instrumentals fröhnen und ihre Botschaften an die Welt in Mini-Dramuletten zwischen den einzelnen Songs verstauen. Beispiel 1: „Welche Augenfarbe hast Du?“ – „Na, grau eben.“ Beispiel 2: „Hast Du schon einen Freund?“ – „Na klar, schon viele.“ Wer wagte da zu bestreiten, daß hier die alltäglichen Katastrophen im erotischen Kommunikationsdschungel komprimiert zum Ausdruck gebracht werden. Ein erbarmungsloser Blick auf die Kleingeistigkeit der menschlichen Rasse bildet hier die Basis aller Heiterkeit. Zugegebenermaßen ein wenig unnuancierter, dafür aber auch präziser präsentieren sich die Titel der ersten, letzten CD der Banditen namens „Beatclub“, die von Fabsis „Weser Label“/Bremen und „Kamikaze Records“/Georgsmarienhütte produziert wurde: „Sex“, „Heroin“, „Unbekannte wilde Frau“. Doch da unbekannte, wilde Frauen bekanntlich selten sind, sieht man im Booklet leider nur vorsintflutliches Tonband- und Keyboardequipment. Mit diesem erzeugen die Banditen trocken-ironische Klänge, die mal an die futuristischen B 52-Klänge der 70er Jahre, mal sogar an die spleenig-kargen Spielereien der einstigen Avantgardepäpste „Residents“ erinnern. Bei all diesem wunderbaren Hang zum Obskuren geben sich die Banditen doch Mühe mit den Körpern der Hörer zu kommunizieren. Scheinbar wurden dabei nach Verabreichung von Tequila besonders gute Erfolge erzielt. Jedenfalls hört sich der Sound an wie die Lieblingsmusik irgendwelcher Wüstenmachos, die sich nach heroischem Kampf mit Feigenkakteen feucht amüsieren – TexMex eben. Ein anschauliches Bild vom Lebensgefühl dieser Musik verschafft das Timing des Lieds „Fremder Planet“. Anstelle eines Intros firmiert ein NASA-Countdown mit markiger Stimme. Spannung; Einsatz der Instrumente: Anschließend lallt die Stimme unbesorgt um rhythmische Stimmigkeit gelangweilt dahin. Spannung und Entspanntheit sind ein und dasselbe: Das ist die Tequilaphilosophie. bk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen