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Ehemänner denunzieren

■ Kerngebietsausschuß kann Straßenstrich nicht verbieten

Daß Sperrgebiete Prostitution nicht aus der Welt schaffen, sondern nur verlagert, hat sich bis zu den Herren – und wenigen Damen – der SPD und CDU im Kerngebietsausschuß Mitte offenbar noch nicht herumgesprochen: An ihrem Votum vom vergangenen Mai, die Süderstraße in Hamm-Süd zum Sperrgebiet und den dortigen Straßenstrich für illegal zu erklären, halten sie – gegen die Stimmen der GAL – fest: Da spielt es auch keine Rolle, daß Sperrgebiete zur Bekämpfung von Prostitution in Gewerbegebieten wie der Süderstraße rechtlich gar nicht zulässig sind, wie Detlef Meyer-Stender, Referatsleiter öffentliche Sicherheit bei der Innenbehörde, bei der Ausschußsitzung am Dienstag abend geschlagene zweieinhalb Stunden klarzumachen versuchte: „Prostitution ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Die Länder können nur dann Sperrgebietsverordnungen zur Straßenprostitution erlassen, wenn der Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes gefährdet ist.“ Beides, das bestätigte auch Gerhard Weisschnur von der Polizeidirektion-Süd, liege in der Süderstraße aber nicht vor: „Es gibt weder offizielle Beschwerden aus der Bevölkerung, noch liegt der Strich im Wohngebiet, noch konnten wir Drogenprobleme oder Kriminalität feststellen.“

Doch SPD und CDU bleiben stur: Die Leute im Stadtteil fühlten sich belästigt, weil sie „ständig“ von Freiern angequatscht würden; Kinder seien gefährdet, weil sie aus dem Schulbus heraus den Anblick der Prostituierten ertragen müßten, und – für SPDler Markus Schreiber der größte Schrecken überhaupt: „Familien aus höheren Einkommensschichten werden garantiert nicht nach Hamm-Süd ziehen, solange die Prostituierten hier sind.“ Vor sozialen Problemen graust es den SPD-Bezirkspolitikern aber seit jeher ganz gewaltig, und deswegen soll sich der Straßenstrich verziehen; am besten in Gefilde jenseits der Bezirksgrenzen: Dann müssen sich andere damit herumschlagen.

Daß der von CDU und SPD geforderte bequeme Weg „die soziale Realität verkennt und völlig ungeeignet ist, die Ursachen der Prostitution zu bekämpfen“, erklärte GALierin Stefanie Neveling den unbelehrbaren Herren. Vergeblich: Kurt Schubert (SPD) plädiert dafür, die Autokennzeichen der Freier zu notieren, um sie dann bei ihren Gattinnen zu denunzieren; andere Ausschuß-Mitglieder propagieren eine „Freischaufelung des Straßenzugs“ und sonstige Peinlichkeiten. Zum Glück bestimmt der Kerngebietsausschuß nicht allein die Politik dieser Stadt. Heike Haarhoff

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