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Wie weiland Tarantino

■ Überhöht die Klischees, bis sie keine mehr sind: Kevin Williamsons Teenager-Soap "Dawson's Creek" (immer sonntags, 17 Uhr, Sat.1)

Es gibt immer auch etwas zu schmunzeln, wenn Kevin Williamson zu Werke geht. Namhaft wurde der 33jährige als Autor der Slasher-Filme „Scream“, „Scream 2“ und „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. In den ersten beiden trieb er verschmitztes Spiel mit den Regeln des Genres, war darin beileibe nicht der erste, stellte sich aber so gewitzt an, daß selbst die Stirnrunzler unter den Kritikern Respekt bekundeten. Derselbe Williamson konzipierte die Fernsehserie „Dawson's Creek“, die einen anderen Wesenszug preisgibt: Der Mann mit den bluttriefenden Drehbüchern bekennt seine romantische Ader.

Die Autoren der Serie verstehen sich, unter Williamsons Federführung, auf eine elegante Mischung aus Humor und Sentiment; herzzerreißende und hochkomische Szenen wechseln einander ab. Der Titelheld Dawson Leery ist das Alter ego des Autors und lebt nach eigenen Worten „in einer Kleinstadt wie auf einer Kitschpostkarte“. In der Tat wird sehr viel Idylle inszeniert, Romanzen fallen an, und außer auf Carpenter und Cunningham bezieht sich Williamson nun auch auf Douglas Sirk und Fred Zinnemann.

Dawsons Dasein ist dem Kino gewidmet, Spielberg sein Idol. Nach der Schule arbeitet der 16jährige, wie weiland Quentin Tarantino, hinter dem Tresen einer Videothek. Er denkt beinahe ausschließlich in Filmbildern und -szenen. Nicht jeder dramaturgische Einfall aber zündet. Vor allem in den Beziehungen zu seiner langjährigen Freundin Joey und der neu hinzugezogenen Jen versagen die Regeln, nach denen ein Lichtspiel funktioniert; mitunter landet Dawson bäuchlings auf dem Boden der Tatsachen. Joey hegt unerwiderte Gefühle für diesen weltfernen Schwärmer und kompensiert dies mit erfrischenden Patzigkeiten.

Berechtigt baut Williamson auf die Medienkompetenz seiner Zielgruppe und verfährt mit der Teenager-Soap wie vordem mit dem Horrorfilm. Bereits der Pilotfilm ist gespickt mit expliziten wie impliziten Anspielungen. Auch das eigene Oeuvre hat Spuren hinterlassen: Gleich zweimal erscheint das Plakat zu „Ich weiß ...“ im Bild. In einer späteren Episode freut sich Dawson über eine seiner Regieideen: „Die Zuschauer werden nicht ahnen, was kommt. Das ist wie Janet Leigh in ,Psycho‘.“ – „Drew Barrymore in ,Scream‘“, sekundiert Busenfreund Pasey.“ – „Von Geklautem geklaut“, hämt Joey.

Fast hat es den Anschein, als ob selbst Personalentscheidungen unter medienreferentiellen Gesichtspunkten getroffen wurden: Steve Miner, als Koproduzent und Regisseur für „Dawson's Creek“ tätig, war einst Produzent des Genreklassikers „Freitag, der 13.“ und inszenierte den Kinofilm „Halloween: H 20“, bei dem wiederum Williamson als ausführender Produzent und Drehbuchdoktor fungierte. Unter den Darstellern von „Halloween: H 20“ war Michelle Williams, die Jennifer aus „Dawson's Creek“; Serienstar Katie Holmes stand im Sommer für Williamsons Regiedebüt „Killing Mrs. Tingle“ vor der Kamera. Und die Williamson-Galaxis wächst weiter: „Scream 3“ ist in Vorbereitung, ebenso eine weitere TV-Serie.

Medienwissenschaftler kommender Generationen werden noch eine Menge zu dekodieren bekommen... Harald Keller

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