: Schulte setzt auf 800.000 Jobs durch Umverteilung
■ DGB-Chef hält Teilzeitarbeit und Überstundenabbau für zentrales Thema beim Bündnis
Düsseldorf (AFP) – Durch weniger Überstunden und mehr Teilzeitarbeit könnten nach Auffassung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mehr als 800.000 Stellen geschaffen werden. Angesichts der gedämpften konjunkturellen Aussichten sei eine wirkungsvolle Umverteilung von Beschäftigung die wichtigste Aufgabe des „Bündnisses für Arbeit“, betonte DGB-Chef Dieter Schulte auf der traditionellen Neujahrspressekonferenz des DGB gestern in Düsseldorf. Von der wirtschaftlichen Entwicklung sei keine positive Auswirkung auf den Arbeitsmarkt zu erwarten.
Als weitere zentrale Aufgabe des angestrebten Beschäftigungspaktes nannte Schulte die Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen, vor allem in größeren Unternehmen. „Zielmarke“ müsse sein, den Anteil der Lehrlinge an der Mitarbeiterschaft von derzeit fünf auf acht Prozent zu erhöhen.
Zugleich warnte Schulte davor, die Bündnisgespräche zu überfrachten: „Wir stehen erst am Anfang, und wir haben noch eine lange und steile Wegstrecke vor uns.“ Darum sei es „gut, wenn wir uns den Rucksack nicht zu voll packen“. Mit Blick auf die deutsche EU-Präsidentschaft kündigte der DGB-Chef weitere Gewerkschaftsinitiativen für einen europaweiten Beschäftigungspakt an.
Bei den Bündnisgesprächen hätten die Arbeitgeber ihre „Blockadehaltung“ bei der Teilzeitarbeit „zumindest etwas gelockert“: „Ich erwarte, daß wir den Durchbruch für eine beschäftigungsfördernde Arbeitszeitpolitik trotzdem bald schaffen.“ Einigungschancen gebe es auch bei der zusätzlichen Integration von Langzeitarbeitslosen. Der von Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt geforderten Einführung von staatlich geförderten Kombilöhnen erteilte Schulte erneut eine Absage: Dieser Vorstoß helfe „an dieser Stelle überhaupt nicht weiter“.
Mit Nachdruck wies der DGB- Chef auch die aus Reihen der Wirtschaft geforderten Lohnleitlinien als Bestandteil eines Beschäftigungspaktes zurück. Beschäftigungsfördernde Tarifpolitik lasse sich nur über die Selbstverpflichtung der in den Branchen verantwortlichen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gestalten. Schulte räumte zwar ein, über Tarifpolitik müsse „auch im Bündnis“ geredet werden. Doch die derzeitige Debatte über „Lohnleitlinien oder ähnliches“ sei eine „Gespensterdiskussion“.
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