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Diese Anglizismen... –betr.: „Denglisch“, Querspalte von René Martens, taz vom 8. 1. 99

Wie die taz mitzuteilen weiß, beklagte sich die französische Tageszeitung Le Figaro über die Beliebtheit von Anglizismen in Deutschland. „Unsere Nachbarn haben keinen Respekt [Respekt (franz.) = Rücksicht, Absicht, Ehrerbietung, leerer Rand (bei Kupferstichen). d.sin] für ,Goethes Sprache'“, schrieb das Blatt. Weil die VW (“New Beetle“), die Telekom (“Citycall“) und die Berliner Morgenpost (“Simply the Best“) allesamt auf Goethe scheißen, kommt die Zeitung zu dem Schluß, die englische Sprache habe die deutsche „kannibalisiert“ [Kannibale (span.) = Menschenfresser, übertr.: roher, ungebildeter Mensch. d.sin]

Was Le Figaro nicht weiß, daß es Deutsche gibt, die dies genauso empfinden. Mich ärgert es zum Beispiel gewaltig, wenn Pro7 die Hälfte seiner Programme [Programm (griech.) = Plan, Darlegung von Grundsätzen, Ankündigung, Spiel-, Sende-, Fest-, Arbeits-, Vortragsfolge, Tagesordnung, bei elektronischen Rechneranlagen: Rechengang, der der Maschine eingegeben wird. d.sin] tagtäglich in Englisch ausdruckt. Ich kann es auch nur begrüßen, wenn in Frankreich ein Gesetz in Kraft trat, demzufolge die Verwendung ausländischer Wörter im Fernsehen, im Radio [radio (lat.) = Radio ... Strahlen ... Rundfunk ... d.sin] und in der Werbung verboten ist. Dieses Gesetz würde ich nicht – wie die taz – als „bizarr“ [bizarr (franz.) = launenhaft, seltsam. d.sin] bezeichnen, werden doch seitdem weltweit verbreitete englische Begriffe wie Fax in Frankreich vermieden. Anstelle dessen heißt es schlicht und einfach „telecopie“. [tele (griech.) = fern, copie wahrscheinlich aus dem Lateinischen abgeleitet. s. Duden „Kopial(buch)“ = Buch der Abschriften. d.sin]. Laut René Martens finden sich auch in einem guten deutschen Postamt, wo Goethe noch etwas zählt, Aufkleber, die darauf hinweisen, daß man dort einen Telebrief [“besser“: Fernbrief. d.sin] abschicken kann. Das finde ich prima. [...] Mir geht's nicht um das Schüren irgendwelcher Nationalismen [Nation (lat.) = Staatsvolk. d.sin], sondern um den Erhalt der Reinheit unserer Sprachen. Dafür ist das Deutsche oder Französische genauso gut geeignet wie das Englische oder Amerikanische. Erst in der Vielfalt offenbart sich der ganze Reichtum menschlichen Sprachguts! [Na eben. Wozu dann noch die „Reinheit“, die es sowieso so gut wie in keiner Sprache mehr gibt“!? Da kommt's doch auf ein paar Anglizismen im Deutschen und Französischen nu' auch nicht mehr an! d.sin]Peter Scheitler, Erkner

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