piwik no script img

Befangenheit -betr.: "Zielgruppenschwindel im Radiokarussel", taz vom 18.9.1995

Betr.: „Zielgruppenschwindel im Radiokarussel“, taz vom 18.09.95

Die kritische Auseinandersetzung mit Lizenzentscheidungen im privaten Rundfunk ist ein völlig normaler Vorgang. Die HAM als die für Hamburg zuständige Entscheiderin auf diesem Gebiet hat sie deshalb auch als selbstverständlich zu akzeptieren. Nicht zu akzeptieren ist allerdings die Mischung von Wahrheit und Legende, wie sie sich in diesem Artikel findet. Beispielhaft greife ich dazu zwei Punkte heraus:

– Der Artikel redet von einem jahrelangen Bemühen der HAM, die Lizenz der Jazz Welle an einen Konzern zu verkaufen, möglichst an die Bertelsmann-Gruppe. Tatsache ist dagegen, daß es derartige Bemühungen der HAM zu keinem Zeitpunkt gegeben hat, auch nicht mit Richtung auf die Betreiber von Klassik-Radio zugunsten eines sog. Jazz-Analogons.

– Ebensowenig hat es entgegen der Behauptung in Ihrem Artikel im Jahre 1988 eine Genehmigung der HAM für den Verkauf von Radio 107 an AlsterRadio gegeben. Vielmehr blieb es damals bei derselben Veranstaltergemeinschaft und wurde nur aus Gründen einer besseren Wettbewerbschance das Musikformat geändert.

Beide Beispielpunkte wären der Sache nach auch gegendarstel-lungsfähig und machen deutlich, daß die behauptete lange HAM-Geschichte der „kalten Lizensierung“ durch Ankauf von Lizenzen nichts anderes als böses Märchen ist.

Was mich immer wieder erstaunt ist die Tatsache, daß Sie bei dem Thema Privatfunk in Hamburg regelmäßig einem Autor Platz einräumen, der hier zugleich an einem Radioprojekt beteiligt ist und deshalb offenkundig ein Interesse daran hat, die Dinge in einem seiner Sache dienenden Licht darzustellen. Außerhalb des Journalismus würde man dies wohl als Befangenheit bezeichnen müssen. Wenn das für Sie ohne Bedeutung ist: Warum wird der Name des Autors dann nicht wenigstens mit einem klarstellenden Zusatz (z.B. „Verein...“) versehen? Die taz-Leser wüßten dann etwas, was sie jetzt nicht wissen können, nämlich daß der Artikel möglicherweise einer interessengebundenen Sicht der Dinge entspricht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Helmut Haeckel, Direktor der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM)

Anm. d. Red.: Wir werden dem Hinweis auf eine mögliche Interessengebundenheit seitens des Autors nachgehen.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen